Hoeneß-Richter Heindl Korrekt, unnachgiebig, nicht zu beeinflussen
München - Er urteile ohne Ansehen der Person, heißt es über den Vorsitzenden Richter Rupert Heindl, 47, vom Landgericht München II. Was zunächst wie ein Kompliment für eine besonders gewissenhafte, eidgetreue Dienstausübung klingt, ist bei ihm wörtlich gemeint. Er habe den Angeklagten kein einziges Mal angeschaut, gerade als ob dieser Luft für ihn gewesen wäre, berichten Strafverteidiger, über deren Mandanten dieser Richter mit seiner Kammer geurteilt hat. Auch wenn sich der Mandant aufrichtig bemühte, Rede und Antwort zu stehen: Heindl sei an nichts als den Akten interessiert gewesen. Die Person des Angeklagten, sein Lebenslauf, sein Motiv - Fehlanzeige.
Ab Montag wird Heindl einen der spektakulärsten Strafprozesse des Jahres leiten: das Verfahren gegen Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern, angeklagt wegen Steuerhinterziehung.
Aber Heindl entzieht sich dem Interesse. Nicht einmal ein Gespräch über ihn mit den Pressesprecherinnen des Oberlandesgerichts gestattete er. Ebenso unnachgiebig, so wird es kolportiert, sei er in der Frage einer sogenannten Verständigung mit Verteidigung und Staatsanwaltschaft, salopp "Deal" genannt, zwecks Verfahrensverkürzung.
Heindl ist erst seit gut zwei Jahren Vorsitzender Richter der 5. Strafkammer, der er zuvor als Beisitzer angehörte. Er ist geprägt von der bitteren Erfahrung, dass drei Urteile dieser Wirtschaftsstrafkammer vom Bundesgerichtshof aufgehoben wurden - zwei davon wegen unzulässiger Absprachen. Seitdem steht Heindl im Ruf, jede Art von Absprachen abzulehnen.
"Welcher Staatsanwalt hält in München schon dagegen?"
Er gilt als überaus korrekter und genau arbeitender Richter, der keine Mühe scheut mit seinen Verfahren und der sich von niemandem, auch nicht von der Staatsanwaltschaft, beeinflussen lässt. Es ist müßig, von seinen früheren Verfahren auf den bevorstehenden Hoeneß-Prozess zu schließen. Einen Radiologen zum Beispiel verurteilte die Heindl-Kammer wegen hinterzogener 828.000 Euro zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren - aber der Mann hatte im Gegensatz zu Hoeneß jede Schuld bestritten. Behauptungen, Heindls Urteile seien besonders hart, wie generell die Urteile des Landgerichts München II härter seien als die von München I, beruhen jedenfalls nicht auf Tatsachen.

Bayern gehört zu den Bundesländern, in denen man nur Vorsitzender Richter wird, wenn man sich als Staatsanwalt Lorbeeren erworben hat. Eine gewisse Nähe zwischen Richtern und Anklägern ist daher an vielen bayerischen Gerichten unübersehbar. Das dürfte im Hoeneß-Prozeß nicht anders sein. Staatsanwalt Achim von Engel, 39, ein Fachmann in Sachen Steuerkriminalität, wird gegen Heindl kaum Front machen. "Welcher Staatsanwalt hält in München schon dagegen?", lautet die ebenso rhetorische wie ironische Frage eines renommierten Münchner Strafverteidigers.
Die spannende Frage im Hoeneß-Prozess lautet: Welche Chancen hat in dieser Konstellation ein Angeklagter, der von dem Frankfurter Anwalt Hanns W. Feigen verteidigt wird?

Rechtsanwalt Feigen (Archiv): Schwere Aufgabe im Hoeneß-Prozess
Foto: Christof Stache/ APFeigen hat einen großen Namen als Verteidiger in Wirtschaftssachen. Allerdings gilt er weniger als Steuerspezialist denn als Stratege, für reine Steuersachen zieht er regelmäßig einen Kollegen hinzu. Aber im Gerichtssaal ist er die Koryphäe. Er verteidigte Ex-Postchef Klaus Zumwinkel, der ein Vermögen in Liechtenstein versteckt und 1,2 Millionen Euro Steuern hinterzogen hatte, 2009 vor dem Landgericht Bochum so gut, dass zwei Jahre auf Bewährung herauskamen - nachdem eifrig gezählt und die Steuerschuld auf unter eine Million heruntergerechnet worden war. Eine saftige Geldstrafe kam natürlich hinzu, die höher lag als der hinterzogene Betrag.
Feigen erreichte, dass seinem Mandanten dessen "Lebensleistung" positiv angerechnet wurde. Der BGH hatte zuvor festgelegt, dass es Bewährung noch geben kann, wenn sich der Täter "im Wesentlichen steuerehrlich verhalten", also dem Staat nur einen "verhältnismäßig geringen Teil" seiner Steuerschuld vorenthalten habe.
Wie wird Heindl die mutmaßlich missglückte Selbstanzeige des reuigen Steuersünders Hoeneß würdigen? Wird er die "Lebensleistung" des FC-Bayern-Präsidenten anerkennen? Es ist leider nicht bekannt, ob dieser Richter Fußballfan ist.
Im Steuerfall Peter Graf vor dem Landgericht Mannheim 1997, als es um 16 Millionen Mark ging, die Steffi Graf dem Fiskus schuldete, rechnete das Gericht dem Vater die Tennis-Tochter als "Lebensleistung" zu. Sie sei "eine gute Botschafterin für Deutschland" geworden. Zumwinkel hatte die Post wieder rentabel gemacht, dabei aber Zigtausende Arbeitsplätze gestrichen. "Lebensleistung"? Wofür dieser Begriff in Steuerstrafsachen schon hat herhalten müssen!
Feigens Mandantenliste liest sich wie das Who's who der deutschen Wirtschaft. Konzerne wie Siemens und Infineon, Deutsche Bank oder Porsche ließen ihre Spitzenleute von ihm verteidigen. Bisweilen, etwa im Sal.Oppenheim-Prozess in Köln, sitzt er auch mal ganz unauffällig im Zuschauerraum. Im Hoeneß-Prozess jedenfalls wird seine ganze Kompetenz und Findigkeit gefragt sein.