

Neu-Delhi - Vergewaltigungen in Indien gehören fast zur Tagesordnung. In der Regel aber wurden die Straftaten bisher weder angezeigt noch verfolgt. Nach dem Tod einer vergewaltigten Studentin erwägt die regierende Kongresspartei Medienberichten zufolge jetzt einen Gesetzesvorstoß zur chemischen Kastration von Sex-Tätern.
Das gehöre zu einem Katalog schärferer Strafen, die diskutiert würden, berichtete unter anderem die "Economic Times" am Montag unter Berufung auf Parteikreise. Die oppositionelle hindu-nationalistische BJP forderte am Montag Schnellverfahren und die Todesstrafe für Vergewaltiger. Auch der Bruder des Opfers forderte die Todesstrafe und sagte der Zeitung "Indian Express": "Wir wollen die Beschuldigten hängen sehen, und wir werden dafür bis zum Ende kämpfen."
Der Vater der Studentin, der mit der Familie bei seiner Tochter war, als sie im Krankenhaus starb, sagte, auch er kämpfe damit, die Nachricht zu verkraften. "Es ist so schmerzvoll. Ich bin noch nicht wieder in ihr Zimmer gegangen. Sie wurde in diesem Haus geboren, ihre Bücher, ihre Kleidung, alles ist hier", sagte er. Seine Frau habe nach ihrem Tod die ganze Zeit geweint, sagte der Vater, der wie die ganze Familie öffentlich nicht mit Namen genannt wurde.
Der Fall hat landesweit Trauer und Wut ausgelöst. In der indischen Hauptstadt Neu-Delhi demonstrierten auch am Montag wieder Hunderte Menschen. Dort seien mindestens zwei Demonstranten im Hungerstreik, berichtete die Nachrichtenagentur IANS.
Kerzenmahnwache statt Silvesterparty
Wegen des Verbrechens sagten große Traditionsclubs in Neu-Delhi ihre Silvesterpartys ab. "Unsere Mitglieder glauben, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für eine laute Feier ist", sagte der Vorsitzende des 7000 Mitglieder starken Vasant-Vihar-Clubs, Sudhir Mittal. Der ebenso große, 99 Jahre alte Gymkhana-Club strich seine traditionelle Silvesterparty ebenfalls. Beide Clubs luden stattdessen zu Kerzenmahnwachen ein. Auch die indischen Militärs hatten entschieden, das neue Jahr nicht zu feiern.
Die indische Armeeführung rief alle Einheiten dazu auf, auf Partys zum Jahreswechsel zu verzichten. Die Chefin der Kongresspartei, Sonia Gandhi, appellierte ebenfalls an Parteimitglieder, nicht zu feiern. Die "Economic Times" berichtete, bei privaten Hotels seien Buchungen für Partys zurückgegangen, weil den Menschen nach dem Tod der Frau nicht nach Feiern zumute sei.
Nach der besonders brutalen Vergewaltigung in Neu-Delhi war die 23-jährige Studentin am Samstag ihren schweren Verletzungen erlegen. Die mutmaßlichen Täter müssen sich jetzt wegen Mordes verantworten. Am Donnerstag soll die Anklageschrift bei Gericht eingereicht werden. Danach legt das Gericht ein Datum für den Prozessbeginn fest.
Die junge Frau war am 16. Dezember von mehreren Männern in einem Bus vergewaltigt, mit einer Eisenstange malträtiert und nackt aus dem fahrenden Fahrzeug geworfen worden. Ihr Freund überlebte den Überfall verletzt.
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Eine Studentin beim Gebet für das Vergewaltigungsopfer: In Indien sind Vergewaltigungen fast an der Tagesordnung. In der Regel werden die Straftaten weder angezeigt noch verfolgt. Jetzt erwägt die regierende Kongresspartei, Vergewaltiger künftig mit chemischer Kastration zu bestrafen.
Protestaktion in Neu-Delhi: Auch am Montag sind wieder Tausende Aktivisten auf die Straße gegangen, um gegen die Mörder der vergewaltigten Studentin zu demonstrieren. Angesichts des Schocks über ihren Tod sind in Indien zahlreiche Silvesterfeiern abgesagt worden.
Kunstobjekt eines Aktivisten: Angesichts des Schocks über ihren Tod sind in Indien zahlreiche Silvesterfeiern abgesagt worden.
Indische Schüler bei einer Neujahrszeremonie in Ahmadabad: Auch zahlreiche Traditionsclubs verzichten auf rauschende Silvesterpartys.
Kerzenmahnwache: "Unsere Mitglieder glauben, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für eine laute Feier ist", sagte der Vorsitzende des Vasant-Vihar-Clubs.
Protest in Ahmedabad: Viele Aktivisten skandieren "hängt die Vergewaltiger". Auch der Bruder der getöteten 23-Jährigen fordert die Todesstrafe für die Täter.
Aktivisten in Neu-Delhi: Viele Inder und Studenten gehen seit Tagen auf die Straße. Manche sind sogar in den Hungerstreik getreten.
Schüler bei einer Kerzenmahnwache: Die Aktivisten fordern Maßnahmen, um Vergewaltigungen im Land zu stoppen.
Demonstranten in Neu-Delhi: Seit Tagen machten die Menschen ihren Frust und ihre Trauer öffentlich.
Bei den Demonstrationen in den vergangenen Tagen ist auch ein Polizist ums Leben gekommen.
Die indische Regierung will nach Bekanntwerden des Falls und anschließenden Demonstrationen offenbar Handlungsfähigkeit beweisen - und greift zu einer umstrittenen Methode: Künftig sollen Namen, Adressen und Porträtfotos von verurteilten Sexualstraftätern auf Internetseiten der Polizei veröffentlicht werden.
Aktivisten vor dem Krematorium in Neu-Delhi: Die Leiche der von mehreren Männern brutal vergewaltigten Inderin war am Sonntagmorgen (Ortszeit) in Neu-Delhi im Bezirk Dwarka in einem Krematorium verbrannt worden.
Zuvor seien die letzten religiösen Riten in ihrem Wohnort in Neu-Delhi vollzogen worden, berichtete die Online-Ausgabe der "Times of India".
Flughafen in Neu-Delhi: In der Nacht zum Sonntag wurde der Leichnam an Bord einer Sondermaschine von Singapur nach Neu-Delhi überführt.
Nach der Landung steuerte der Konvoi mit dem Sarg und den Angehörigen der Verstorbenen zunächst auf Delhis Janakpuri-Distrikt zu, wo das Opfer während seines Studiums gelebt hatte.
Die Studentin war am Samstag in einem Krankenhaus in Singapur ihren schweren Verletzungen erlegen, die sie durch die Gruppenvergewaltigung und Schläge mit einer Eisenstange in einem Bus in Neu-Delhi am 16. Dezember erlitten hatte.
Vor dem Krematorium: Nachbarn, die an der Einäscherung auf einem Scheiterhaufen teilnahmen, sagten der Nachrichtenagentur AFP, die Frau habe im Februar ihren Freund heiraten wollen. "Sie hatten bereits alle Vorbereitungen getroffen und eine Hochzeitsparty in Delhi geplant", sagte Meena Rai, die zusammen mit der künftigen Braut schon nach Hochzeitskleidern Ausschau gehalten hatte.