Kenosha in Wisconsin Polizisten werden nach Schüssen auf Jacob Blake nicht angeklagt

Jacob Blake Senior bei einem Protestmarsch für seinen Sohn (Archivbild)
Foto: Morry Gash / dpaAm 23. August 2020 schoss der weiße Polizist Rusten S. dem Schwarzen Jacob Blake siebenmal in den Rücken. Nun, mehr als vier Monate nach dem Einsatz in der US-Stadt Kenosha, hat die Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, keinen der beteiligten Polizeibeamten anzuklagen. Der zuständige Staatsanwalt Michael Graveley begründete die Entscheidung mit dem Recht der Beamten auf Selbstverteidigung.
Graveley sagte, nach geltender Rechtslage, insbesondere dem Recht des Polizisten auf Selbstverteidigung, wäre eine Verurteilung vor einem Gericht sehr unwahrscheinlich gewesen. Der Polizist habe bei dem Einsatz befürchtet, dass Blake ihn mit einem Messer angreifen würde, und habe daher geschossen. Die Polizisten seien wegen eines Streits an den Tatort gerufen worden und hätten auch gewusst, dass es einen bestehenden Haftbefehl gegen Blake gegeben habe.
Der damals 29 Jahre alte Blake überlebte die Schüsse schwer verletzt und ist seither gelähmt. In Kenosha im Bundesstaat Wisconsin waren nach den Schüssen auf Blake schwere Proteste ausgebrochen, es kam auch zu Ausschreitungen.
Tote bei Protesten: Schütze plädiert auf nicht schuldig
In Kenosha wurden zwei Menschen bei den Protesten getötet. Verdächtigt wird der damals 17 Jahre alte Kyle R. Er plädierte am Dienstag vor Gericht auf nicht schuldig. Das berichteten unter anderem das National Public Radio sowie die Nachrichtenagentur Associated Press übereinstimmend unter Berufung auf eine Online-Anhörung. Der inzwischen 18-jährige Schütze beruft sich demnach auf das Recht zur Selbstverteidigung. Die Staatsanwaltschaft legt ihm unter anderem Mord in zwei Fällen zur Last. Bei einer Verurteilung könnte ihm lebenslange Haft drohen.
Kyle R. war nach eigenen Angaben wegen der Proteste nach Kenosha gefahren und wollte dort Eigentum vor Plünderungen schützen. Bei Ausschreitungen soll er dann mit einem Sturmgewehr zwei Menschen erschossen und eine weitere Person verletzt haben. R. wurde nach seiner Festnahme im benachbarten Bundesstaat Illinois von rechten Kreisen teils zu einem Helden stilisiert. Selbst US-Präsident Donald Trump verteidigte ihn im Wahlkampf und suggerierte nach dem Zwischenfall, er habe in Notwehr gehandelt. R. ist gegen Kaution frei.
Die Schüsse auf Jacob Blake ereigneten sich in einem bereits aufgeheizten politischen Klima, nur etwa drei Monate vorher war in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota der Schwarze George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz getötet worden. Floyds Tod führte landesweit zu anhaltenden Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung gegen Polizeigewalt und Rassismus.
Der Stadtrat von Kenosha befürchtete wegen der Anklageentscheidung im Fall Jacob Blake Proteste in der Stadt und stimmte deswegen bereits am Montag vorab einer befristeten Notstandserklärung zu, die nun für acht Tage gilt. Gouverneur Tony Evers erklärte, er habe die Entsendung von 500 Mitgliedern der Nationalgarde nach Kenosha genehmigt. Die Soldaten werden dabei helfen, örtliche Einsatzkräfte zu unterstützen, das Recht zu sicheren Protesten zu gewährleisten sowie die Infrastruktur zu schützen, wie der Gouverneur erklärte.