Urteil des Bundessozialgerichts
Jobcenter muss nicht für Sperma-Konservierung zahlen
Ein junger Mann ließ auf Anraten seiner Ärzte sein Sperma einfrieren. Obwohl er inzwischen unfruchtbar ist und von Grundsicherung lebt, entschied nun ein Gericht: Der Staat wird für die Kosten nicht aufkommen.
Bundessozialgericht in Kassel: Sperma-Konservierung ist kein Mehrbedarf wie die Anschaffung von Schulbüchern
Foto: DPA
Jobcenter müssen nicht für die Konservierung von Sperma bei drohender Unfruchtbarkeit zahlen. Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts hervor. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Übernahme von angefallenen Kosten der Kryokonservierung seiner Samenzellen, entschieden die Kasseler Richter und hoben ein anderslautendes Urteil aus Nordrhein-Westfalen auf. Laut Bundessozialgericht stellen die Kosten keinen Härtefall-Mehrbedarf dar, auch wenn sie nicht im Hartz IV-Regelsatz berücksichtigt sind. (Az: B 14 AS 23/20 R)
Geklagt hatte ein heute 22-Jähriger gegen das Jobcenter Essen. Der Mann hatte 2014 wegen eines Immundefekts eine Chemotherapie bekommen und zuvor auf ärztlichen Rat Sperma einfrieren lassen. Nach der Behandlung war er unfruchtbar.
Jährliche Kosten von 297,50 Euro
Eine Übernahme der jährlichen Kosten von 297,50 Euro lehnten sowohl Krankenkasse als auch Jobcenter ab. Die Kosten seien nicht Teil des Existenzminimums, das Krankenbehandlungen einschließt, sagte der Vertreter des Jobcenters: »Es ist keine Behandlung, weil sich der Zustand des Kranken nicht verändert.« Seine natürliche Zeugungsfähigkeit könne dadurch nicht wiederhergestellt werden.
Der Anwalt des Klägers argumentierte, es handele sich um einen Mehrbedarf wie die Anschaffung von Schulbüchern. Die Familienplanung stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes. Doch aus der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie könne eine so weitreichende Förderungspflicht des Gesetzgebers nicht abgeleitet werden, entschied das Bundessozialgericht. Es verwies zudem darauf, dass gesetzlich Krankenversicherte künftig einen Anspruch auf Kryokonservierung in solchen Fällen haben. Das Gesetz wurde 2019 eingeführt und sei noch in der Umsetzung.