"Menschenfeindlich und menschenunwürdig" Dieser Kriminologe will die Gefängnisstrafe abschaffen

Jurist Johannes Feest: "Gefängnisse fördern nur die Illusion, dass wir Kriminalität reduzieren"
Foto: Brunilda Pali/ Universität LeuvenSie können den Artikel leider nicht mehr aufrufen. Der Link, der Ihnen geschickt wurde, ist entweder älter als 30 Tage oder der Artikel wurde bereits 10 Mal geöffnet.
SPIEGEL: Sie haben ein Manifest veröffentlicht, in dem Sie die Abschaffung von Gefängnissen fordern. Diese Erklärung haben Strafverteidiger, Kriminologen, Gefängnisseelsorger und Psychologen unterschrieben. Warum haben Sie das Papier verfasst?
Feest: Ich habe das Manifest zwar redigiert, aber nicht alleine geschrieben. Es ist aus Diskussionen mit Freunden aus dem In- und Ausland hervorgegangen. Wir haben das Manifest erstellt, weil Gefängnisse nur die Illusion fördern, dass wir Kriminalität reduzieren, indem wir Straftäter einsperren. Es gibt keine wissenschaftliche Studie, zumindest ist mir keine bekannt, die belegen würde, dass Gefängnisstrafe eine abschreckende oder gar eine bessernde Wirkung hat. Gefängnisse gehören vielmehr zu den Institutionen, die man von Rechts wegen als menschenfeindlich und menschenunwürdig ansehen muss.
SPIEGEL: Was ist an einem Gefängnis menschenunwürdig?
Feest: In den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen heißt es: "Die Freiheitsstrafe ist allein durch den Entzug der Freiheit eine Strafe." Wer ins Gefängnis geht, verliert aber nicht nur seine Bewegungsfreiheit.
SPIEGEL: Sondern?
Feest: Mit dem Strafantritt gehen zugleich viele weitere Freiheiten verloren, zum Beispiel die freie Arztwahl, die freie Kommunikation etwa via Internet, die autonome Einteilung des Tages, die Wahl einer Beschäftigung. In fast allen Bundesländern ist sogar gesetzlich vorgeschrieben, dass Strafgefangene zur Arbeit verpflichtet sind. In Frankreich hingegen gibt es keine Zwangsarbeit für Strafgefangene. In Spanien auch nicht. Bei uns sind Gefängnisse Großbetriebe, in denen die Gefangenen zu Niedrigstlöhnen arbeiten. Sie erhalten ein bis drei Euro die Stunde, je nach Tätigkeit und Qualifikation. Der gesetzliche Mindestlohn ist fast dreimal so hoch. Sie werden also auch verurteilt zu Zwangsarmut. Dazu kommt die Zwangsenthaltsamkeit in sexueller Hinsicht.
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