Kachelmann-Prozess Experte glaubt nicht an Vergewaltigung

Kachelmann-Prozess: Der als befangen abgelehnte Gutachter Bernd Brinkmann sagte als Zeuge aus
Foto: RONALD WITTEK/ AFPMannheim - Im Vergewaltigungsprozess gegen Jörg Kachelmann sollte Bernd Brinkmann ursprünglich als Sachverständiger aussagen. Das Landgericht Mannheim lehnte den von der Verteidigung bestellten Experten jedoch als befangen ab. Brinkmann sagte deshalb am Montag nicht als Gutachter, sondern als sachverständiger Zeuge aus - das heißt, er war angehalten, nur über seine Wahrnehmungen zu sprechen, jedoch keine Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Der Experte hatte den mutmaßlichen Tathergang nachgestellt. Demnach presste er ein Küchenmesser an den Oberarm eines Kollegen und prüfte dann die Kratz- und Druckspuren. Zudem habe er sich mit den Fäusten auf seine Oberschenkel geschlagen.
Die langjährige Ex-Freundin Kachelmanns hatte ausgesagt, sie sei am 9. Februar mit einem Messer bedroht und vergewaltigt worden. Bei ihr wurden blaue Flecke an den Oberschenkeln und Kratzspuren am Hals festgestellt. Die Hämatome seien entstanden, als Kachelmann versucht habe, ihre Beine auseinanderzudrücken, sagte die Zeugin.

Jörg Kachelmann: Vom Wettermann zum Angeklagten
Gutachter Brinkmann erklärte nun, die Struktur der Hämatome an den Oberschenkeln lasse auf Schläge mit Fäusten schließen, nicht auf statische Verletzungen mit den Knien bei einer Vergewaltigung. Auch habe das Messer bei seinem Versuch keine Doppelspur hinterlassen, wie bei der Ex-Freundin des Angeklagten. Zum Beweis legte er dem Gericht Fotos vor. Einige der Bilder, die der Rechtsmediziner mitgebracht hatte, waren auch von den Zuschauerbänken aus zu erkennen. Fotos von Blutergüssen auf den Oberschenkeln der Frau, die Jörg Kachelmann vergewaltigt haben soll, rötlich-violett auf blasser Haut.
Auch Kachelmann schaute die Bilder laut Prozessbeobachtern an, mit seiner Verteidigerin über die Fotomappe gebeugt. Dann machte er einen angedeuteten Faustschlag, als wollte er etwas demonstrieren.
Der Wettermoderator bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
Ob die auf diese Weise entstandenen Verletzungen überhaupt mit denen der Nebenklägerin vergleichbar sind, wurde am Montag nicht erörtert.
Am Rande der Vernehmung kam es erneut zu einem lautstarken Wortgefecht im Gerichtssaal. Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn kritisierte, dass Brinkmann vor seinem ersten Auftritt bei Gericht gründlich durchsucht worden war und machte dafür die Staatsanwaltschaft verantwortlich.
Als Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge widersprechen wollte, fuhr ihn der beisitzende Richter Joachim Bock an: "Jetzt sind Sie mal still, Herr Oltrogge!" Oltrogge setzte nochmals an: "Ich beanstande diese Art und Weise..." - daraufhin schrie Richter Bock den Staatsanwalt geradezu an: "Jetzt reicht es aber wirklich!"
Zu Beginn der Verhandlung hatte Verteidiger Schwenn die psychologische Sachverständige Luise Greuel angegriffen. Die Verteidigung will Greuel aus dem Prozess drängen und hatte bereits vorletzte Woche einen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit gestellt. Greuel hatte die Glaubhaftigkeit der Aussage von Sabine W. untersucht - mit offenem Ergebnis: Es könnte weder ausgeschlossen werden, dass sie absichtlich lüge, noch, dass es sich um eine autosuggestiv generierte Aussage handele. Ein "etwaiger Erlebnisgehalt" lasse sich nicht bestätigen. Kachelmanns früherer Verteidiger Reinhard Birkenstock hatte das Gutachten stets als entlastend interpretiert.
Über den Befangenheitsantrag ist noch nicht entschieden. Der Prozess soll am kommenden Montag mit der Vernehmung der medizinischen Sachverständigen fortgesetzt werden. Unter ihnen ist der Heidelberger Rechtsmediziner Rainer Mattern, der Kachelmanns Ex-Freundin unmittelbar nach der mutmaßlichen Vergewaltigung untersuchte.