Massengräber bei Kirchen-Internaten Kanadas Premier Trudeau fordert Entschuldigung des Papstes

Premier Trudeau beim Besuch einer improvisierten Erinnerungsstelle an die Opfer der »residential schools« (Aufnahme vom 1. Juni 2021)
Foto:Sean Kilpatrick / AP
Nach der Entdeckung von weiteren 751 Gräbern bei einem früheren Internat für indigene Kinder, das lange von der katholischen Kirche betrieben worden war, hat Kanadas Premierminister Justin Trudeau Papst Franziskus zu einer Entschuldigung aufgefordert. Bei einem Gespräch habe er betont, wie wichtig es sei, dass das Kirchenoberhaupt sich »bei indigenen Kanadiern auf kanadischem Boden entschuldigt«, sagte Trudeau.
Die Einrichtung südlich der Stadt Regina in Zentralkanada war von 1899 bis 1997 in Betrieb. Das Volk der Cowessess übernahm die Einrichtung erst in den Achtzigerjahren von der katholischen Kirche.
»Unglaublich schädliche Regierungspolitik«
Die Ureinwohner hatten in den vergangenen Wochen das Gelände der Schule sowie einen angrenzenden Friedhof mit Radargeräten nach menschlichen Überresten abgesucht und dabei die 751 Gräber entdeckt. Noch sei unklar, ob dort ausschließlich Kinder oder auch Erwachsene begraben lägen, hieß es am Donnerstag.
Erst Ende Mai war der Fund eines Massengrabs mit den Überresten von 215 Kindern bei einem anderen Internat für Indigene im Westen des Landes bekannt geworden. Allerdings fallen die Vergehen wohl nicht nur in die Zuständigkeit der Kirche. Auch die kanadische Regierung spielte bei der Unterbringung der Indigenen in den Einrichtungen eine Rolle.
Vom 17. Jahrhundert bis in die Neunzigerjahre wurden die als »residential schools« bekannten Einrichtungen von der Regierung verwaltet und finanziert. Betreiber waren größtenteils Kirchen und religiöse Organisationen. Trudeau selbst sprach in dem Statement von einer »kanadischen Regierungspolitik, die unglaublich schädlich war« (seine Erklärung finden Sie hier ).
Indigene Kinder wurden ihren Familien entrissen und in diesen Einrichtungen untergebracht, wo sie die Traditionen der europäischen Kolonialisten lernen mussten, um ihre eigenen Sprachen und Kulturen zu vergessen. Gewalt und sexueller Missbrauch gehörten in den Schulen zur Tagesordnung.