Kanadische Ureinwohnerinnen Vermisst, getötet, verdrängt

In den vergangenen 30 Jahren sollen in Kanada 1200 indigene Frauen vermisst oder getötet worden sein. Jetzt stellt sich heraus: Möglicherweise sind es noch viel mehr.
Protestmarsch: Aktivisten fordern in Montreal Gerechtigkeit für vermisste und ermordete Ureinwohnerinnen

Protestmarsch: Aktivisten fordern in Montreal Gerechtigkeit für vermisste und ermordete Ureinwohnerinnen

Foto: Corbis/ Oscar Aguirre / Demotix

Es gilt als eines seiner zentralen Projekte. Wenige Tage nach seiner Wahl im November vergangenen Jahres kündigte der kanadische Premierminister Justin Trudeau eine umfangreiche Untersuchung an, um das Schicksal von vermissten und getöteten Ureinwohnerinnen zu klären.

Die Polizei des Landes geht bisher von 1200 Fällen aus, mit denen man sich beschäftigen muss. Der Untersuchungszeitraum beläuft sich auf die vergangenen 30 Jahre. Doch Vertreter der Native Women's Association of Canada, die für die Rechte der indigenen Frauen eintritt, halten diese Statistik für wenig aussagekräftig.

Aufgrund von schlechten Erfahrungen mit der Polizei und Rassismus von Seiten der Beamten hätten einige Familien Vermisstenfälle erst gar nicht angezeigt. Die Aktivisten halten deswegen die Zahlen, die die Gruppe Walk 4 Justice nun ermittelt hat, für wesentlich realistischer.

Wie der Fernsehsender CBC berichtete , hat die Organisation die Namen von mindestens 4232 indigenen Frauen gesammelt, die in den vergangenen 30 Jahren entweder vermisst oder getötet wurden und deren Fälle nicht aufklärt sind.

Kritik an der Polizei

Frauenministerin Patricia Hajdu sagte, die Zahlen könnten durchaus stimmen. Die schwierige Datenlage mache eine genaue Bezifferung allerdings nahezu unmöglich. In der Vergangenheit habe die Polizei des Öfteren Mordzahlen zu niedrig angegeben. Die Ministerin warf den Beamten ebenfalls vor, bei der Aufklärung verdächtiger Todesfälle im Allgemeinen oft zu scheitern.

Die Zahl der möglichen Opfer könnte auch gestiegen sein, weil Todesfälle, bei denen man bislang von Suizid ausging, jetzt in einem neuen Licht betrachtet würden.

Die Familien der Frauen und die Anführer der kanadischen Ureinwohner hatten lange für eine umfangreiche Untersuchung gekämpft. Sie forderten, bereits geschlossene Fälle wieder aufzurollen. Die neue Regierung hatte angekündigt, bei der Planung der Studie eng mit den Hinterbliebenen zusammenzuarbeiten.

"Die Opfer verdienen Gerechtigkeit, ihre Familien die Möglichkeit, die Wunden heilen zu lassen und gehört zu werden", zitiert der britische "Guardian"  Premierminister Justin Trudeau zu dem Vorhaben.

jal
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