Kampf gegen Abhängigkeit Kanada will Therapie statt Strafe bei Drogendelikten

Hilfsprogramme anstelle von Strafverfolgung: Diesen Ansatz will die kanadische Regierung künftig bei minderschweren Drogenvergehen verfolgen. So soll ein »Teufelskreis der Kriminalität« verhindert werden.
Drogenkonsum (Symbolbild)

Drogenkonsum (Symbolbild)

Foto: Annette Riedl / dpa

Die kanadische Regierung will mit Therapien statt Strafe gegen kleine Drogendelikte vorgehen. Justizminister David Lametti stellte am Dienstag einen Gesetzentwurf vor, der die Abschaffung von Mindeststrafen bei bestimmten Delikten vorsieht.

Der Entwurf sieht zudem vor, dass die Justiz bei »einfachen Besitzdelikten« von Drogen »die Überweisung in Behandlungsprogramme oder andere unterstützende Dienste in Betracht ziehen« kann.

Lametti sagte, sein Gesetzentwurf »kann Menschen, die mit Abhängigkeiten zu kämpfen haben, helfen, die notwendige Behandlung zu erhalten und zu vermeiden, dass sie in einen Teufelskreis der Kriminalität geraten«.

Die Provinz British Columbia, die wegen einer Drogenepidemie den Gesundheitsnotstand ausgerufen hat, will sogar noch weitergehen: Die Provinzregierung stellte einen Antrag, wonach der Besitz geringfügiger Drogenmengen zum Eigenverbrauch komplett entkriminalisiert werden soll.

Derzeit prüft die Bundesregierung in Ottawa den Antrag noch. Die zuständige Ministerin für Suchtfragen, Carolyn Bennett, sagte dem öffentlich-rechtlichen Sender CBC jedoch, dass der Vorschlag »eine sehr gute Vorlage« für den Rest Kanadas sein könnte.

Schottland verwarnt auch bei harten Drogen

In zahlreichen Ländern gibt es derzeit Ansätze zur Entkriminalisierung von Drogenkonsum. Zuletzt hatten die Behörden in Schottland mit einem Vorstoß für Schlagzeilen gesorgt. Polizisten können künftig auch Menschen, die mit harten Drogen geschnappt werden, lediglich verwarnen, anstatt sie strafrechtlich zu verfolgen. Dabei geht es um sogenannte »Class A«-Drogen, wie Heroin, Kokain und Crystal Meth.

Bei Drogen der Kategorien »Class B« – dazu gehört unter anderem Cannabis – und »Class C« – zum Beispiel Rohypnol oder Valium – ist eine Verwarnung statt strafrechtlicher Verfolgung in dem Land bereits möglich. Der Handel mit Drogen bleibt aber strafbar.

2020 starben 1339 Menschen in Schottland an den Folgen ihres Drogenkonsums, so viele wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor 25 Jahren. Im ersten Halbjahr 2021 waren es 722. Mit 21 Drogentoten pro 100.000 Einwohnern im Vorjahr hat Schottland die verheerendste Quote in ganz Europa. Sie liegt zudem dreieinhalbmal höher als der Gesamtdurchschnitt des Vereinigten Königreichs.

jok/AFP
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