Prozess in Kassel Professor wegen beleidigender Äußerungen über Homosexuelle verurteilt

Weil er Homosexuellen eine Neigung zur Pädophilie unterstellte, stand ein Kasseler Biologieprofessor vor Gericht. Dort verteidigte er seine Äußerungen - und wurde verurteilt.

Wegen seiner Aussagen über Homosexuelle ist der Kasseler Biologieprofessor Ulrich Kutschera zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Das Amtsgericht Kassel sprach den 65-Jährigen wegen Beleidigung schuldig.

Kutscheras Äußerungen seien nicht durch die Freiheit der Wissenschaft gedeckt, sagte der Richter: "Es kommt auch auf den Zusammenhang an." So habe sich der Evolutionsbiologe in einem Interview geäußert und nicht in einer Vorlesung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Kutschera hatte 2017 im Gespräch mit dem Internetportal kath.net zum Thema "Ehe für alle" über homosexuelle Beziehungen hergezogen. Unter anderem hatte er gesagt, er sehe durch das Adoptionsrecht für homosexuelle Menschen "staatlich geförderte Pädophilie und schwersten Kindesmissbrauch auf uns zukommen". In gleichgeschlechtlichen Ehen lebende Kinder soll Kutschera laut Anklage als "bemitleidenswerte Befruchtungs-Produkte" bezeichnet haben, deren Erziehung in Form "geistiger Vergewaltigung" erfolge.

Die Äußerungen hatten unter Studierenden der Universität Kassel Proteste ausgelöst und auch die hessische Landesregierung sowie das Rektorat der Universität auf den Plan gerufen. Kutschera ist nach Angaben der Universität seit 1993 Professor in Kassel. Wegen des Interviews hatten mehrere Homosexuelle und Kasseler Studierendenvertreter Anzeige erstattet.

Kutschera steht zu seinen Zitaten

Kutschera hat im Prozess seine Zitate verteidigt. Er warf den Kritikern und der Staatsanwaltschaft vor, diese falsch zu verstehen und aus dem Kontext zu reißen. Im Grunde gehe es Kutschera um eines, sagte sein Anwalt: "Er hegt Befürchtungen hinsichtlich psychischer Probleme bei Kindern aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften."

Die Staatsanwaltschaft hatte auch eine Verurteilung wegen Volksverhetzung gefordert, berichtete der HR. Denn Kutschera habe die Menschenwürde Homosexueller herabgewürdigt. Diesen Tatbestand habe der Richter allerdings nicht erfüllt gesehen.

Es war der zweite Prozess wegen der Äußerungen. Der erste war vor einem Jahr wegen Terminproblemen geplatzt. Kutscheras Arbeitgeber, die Universität Kassel, erklärte nach der Verhandlung: "Die Äußerungen von Ulrich Kutschera empören."

evh/dpa
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