Katholische Kirche Kommission bewilligte bislang 40 Millionen Euro für Missbrauchsopfer

Heimkinder waren offenbar besonders häufig betroffen: Mehr als 1800 Opfer von sexuellem Missbrauch sind bisher von der katholischen Kirche entschädigt worden – der Großteil davon im vergangenen Jahr.
Kölner Dom

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Foto: Christoph Hardt / Future Image / IMAGO

Eine von der katholischen Kirche in Deutschland eingerichtete Kommission hat bisher mehr als 40 Millionen Euro an sogenannten Anerkennungsleistungen für von sexuellem Missbrauch Betroffene bewilligt. Das teilte die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) am Freitag in Bonn mit. 2021 waren es demnach knapp 13 Millionen, 2022 etwa 28 Millionen.

In 143 Fällen seien Summen von mehr als 50.000 Euro zuerkannt worden. In 24 Fällen sei es sogar um mehr als 100.000 Euro gegangen. Dies sei immer mit Zustimmung der zuständigen kirchlichen Behörden erfolgt, sagte die UKA-Vorsitzende Margarete Reske, ehemals Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Köln. Sie betonte, es gebe mit keinem der 27 katholischen Bistümer Probleme.

Menschen, die etwa von katholischen Priestern sexuell missbraucht wurden, können von der Kirche Zahlungen bekommen. Über die Höhe entscheidet die UKA. Betroffene müssen dabei keine Beweise vorlegen, es genügt, wenn ihre Schilderung plausibel ist. Insgesamt wurde die Plausibilität von der UKA den Angaben zufolge bisher nur in neun Fällen verneint.

Schwerpunkt in den Sechziger- und Siebzigerjahren

Vor dem Landgericht Köln wird derzeit die Schmerzensgeldklage eines ehemaligen Messdieners verhandelt. Der 62-Jährige fordert eine wesentlich höhere Summe, nämlich 750.000 Euro. Auf die Frage, ob im Vergleich dazu die von der UKA bewilligten Summen nicht zu niedrig seien, antwortete der stellvertretende Vorsitzende Ernst Hauck: Man könne sich immer auf den Standpunkt stellen, dass »mehr schöner« sei, es müsse aber auch finanziell darstellbar sein. Es stehe natürlich jedem Betroffenen frei, daneben den Rechtsweg an den Gerichten zu beschreiten. Die UKA habe den Eindruck, dass die Betroffenen sich durch die Zahlungen in ihrem Leid von der Kirche anerkannt sähen.

Insgesamt bewilligte die UKA den Angaben zufolge bisher Leistungen für gut 1800 Personen. Etwa 80 Prozent waren demnach Männer, wobei sich unter den besonderen Härtefällen, in denen mehr als 100.000 Euro zuerkannt wurden, oft Frauen befanden. Aus den eingereichten Anträgen ergibt sich vom Zeitraum der Taten her ein Schwerpunkt in den Sechziger- und Siebzigerjahren.

In den meisten Fällen ereignete sich der Missbrauch laut UKA über mehrere Jahre hinweg. Das durchschnittliche Alter zu Beginn des Missbrauchs habe bei zehn Jahren gelegen. Heimkinder seien besonders oft betroffen gewesen.

Von den 28 Millionen Euro im Jahr 2022 gehörten demnach 805.500 Euro zu Anträgen, mit denen Betroffene mit zusätzlichen Informationen eine neue Entscheidung beantragen können. Die Zahlen bei dieser Antragsart würden voraussichtlich weiter zunehmen, hieß es. »Wir stellen fest, dass es durch die Beschäftigung mit dem erfahrenen Leid auch nach Abschluss des Verfahrens manchen Betroffenen möglich ist, den Antrag mit neuen Informationen der Unabhängigen Kommission zur erneuten Prüfung vorzulegen«, hieß es im vorgelegten Jahresbericht.

Im vergangenen Jahr konnten laut UKA mehr Anträge bearbeitet werden als 2021. Von den seit 2021 insgesamt 2112 eingegangenen Anträgen waren Ende 2022 1839 bearbeitet. Offen waren demnach 273 Anträge. Häufigere Sitzungen mit gleichzeitig abnehmender Tendenz bei den Antragseingängen hätten dazu geführt, dass die Bearbeitungsdauer verkürzt werden konnte. Derzeit betrage sie weniger als vier Monate. Die Kommission nahm ihre Arbeit 2021 auf.

wit/dpa/AFP
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