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Tote Journalistin: Der Fall Kim Wall

Foto: Jens Dresling/ dpa

Todesfall Kim Wall Das "Nautilus"-Rätsel

Erst galt sie als verschollen, nun ist ihr Tod bestätigt - doch im Fall der Journalistin Kim Wall bleiben viele Fragen: Wie kam sie ums Leben, was hat der U-Boot-Bauer Peter Madsen damit zu tun? Der Überblick.

Ihr Körper war schwer entstellt, der Torso anscheinend so präpariert, dass er auf dem Meeresboden liegen bleiben sollte: Wer die Leiche von Kim Wall versenkte, wollte offenbar erreichen, dass sie nie gefunden wird.

Doch der Plan ging nicht auf, am Montag entdeckte ein Radfahrer den angeschwemmten Torso auf der dänischen Insel Amager, südlich von Kopenhagen. Nun rückt die Aufklärung des rätselhaften Falles näher.

Die dänische Polizei macht Peter Madsen für den Tod der Journalistin verantwortlich - mit ihm war Wall vor knapp zwei Wochen in sein selbstkonstruiertes U-Boot gestiegen. Als das Boot einen Tag später südlich von Kopenhagen sank, war Madsen allein an Bord.

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Tote Journalistin: Der Fall Kim Wall

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Noch ist offen, was im U-Boot geschah. Allerdings passen einige Angaben Madsens, der von einem Unfall an Bord spricht, so gar nicht zu den Erkenntnissen der Ermittler. Die zentralen Fragen und Antworten im Überblick:

Was hat es mit der "Nautilus" auf sich?

Die "UC 3 Nautilus" ist ein knapp 18 Meter langes und rund 40 Tonnen schweres U-Boot, das Madsen vor einem Jahrzehnt mithilfe anderer Bastler für umgerechnet 200.000 Euro gebaut hatte. Das technisch komplexe Schiff gilt als das größte von einer Privatperson gebaute U-Boot der Welt, es konnte bis zu acht Menschen in bis zu einhundert Meter Tiefe bringen.

Am Freitag, 11. August, ging das Boot in der Køge-Bucht vor der dänischen Hauptstadt Kopenhagen unter. Nach seiner Rettung wurde Madsen wegen des Verdachts festgenommen, für das Verschwinden von Kim Wall verantwortlich zu sein. Die 30-Jährige war das letzte Mal gesehen worden, als sie tags zuvor an Bord der "Nautilus" ging. Sie wollte offenbar eine Reportage über den Tüftler schreiben.

Als Grund für den Untergang des U-Bootes nannte Madsen Probleme mit einem Ballasttank. Die Polizei sieht hingegen Anzeichen dafür, dass er seine Konstruktion absichtlich versenkt hat.

Wie geht Madsens Version des Geschehens?

Laut Polizei behauptete Madsen zunächst, er habe Wall am Abend des 10. August auf der Insel Refshaleøen im Kopenhagener Hafengebiet abgesetzt. Eine Richterin verhängte eine 24-tägige Untersuchungshaft gegen den Ingenieur. In seiner Anhörung sprach der 46-Jährige den Behörden zufolge dann von einem "Unfall an Bord", bei dem Wall gestorben sein soll. Er habe die Leiche an einem nicht genau genannten Ort in der Bucht "bestattet".

Madsens Anwältin sagte der Zeitung "BT", der Fund des Torsos ändere nichts an der Erklärung ihres Mandanten. Wall sei durch ein Unglück an Bord des U-Bootes ums Leben gekommen. "Ich habe keinen Grund, an den Ergebnissen der Polizei zu zweifeln", schrieb die Juristin an die Redaktion von "Danmarks Radio" . "Mein Klient und ich sehen es nur als positiv an, dass endlich geklärt ist, dass es Kim ist, die sie gefunden haben." Der Nachrichtenagentur Ritzau sagte sie: "Mein Mandant ist erleichtert, dass der Fund identifiziert wurde. Es ist sein größter Wunsch, dass der Fall aufgeklärt wird."

Welche Unstimmigkeiten gibt es?

An den Behauptungen des Ingenieurs, er habe Wall auf einer Insel abgesetzt oder nach einem Unfall "bestattet", gibt es spätestens seit den jüngsten Ermittlungsergebnissen erhebliche Zweifel: Die Leiche der Frau ist nur mehr ein Torso, Gliedmaßen und Kopf sind abgetrennt worden. Zudem waren weder er noch Wall erreichbar, nachdem der Freund der Journalistin die junge Frau als vermisst gemeldet hatte. Madsen sagte später dazu, er habe wegen technischer Probleme auf Funk nicht antworten können.

Zu der Frage, was Madsen über die näheren Todesumstände von Wall ausgesagt hat, gaben die Behörden bislang nichts bekannt. Man habe aber nach einer Leiche gesucht und nicht erwartet, einen Torso zu finden, sagte Polizeisprecher Jens Møller Jensen. Zudem hätten Experten in der "Nautilus" Blutspuren der schwedischen Journalistin gefunden.

U-Boot "Nautilus" im Hafen von Kopenhagen

U-Boot "Nautilus" im Hafen von Kopenhagen

Foto: Jens Dresling/ dpa

Zweifel gibt es auch an der angeblichen Bestattung: Walls Leiche wurde laut Polizei offensichtlich so präpariert, dass sie nicht mehr gefunden werden sollte. Rechtsmediziner hatten demnach festgestellt, dass ursprünglich etwas Metallisches am Körper befestigt gewesen sei, das die Tote vermutlich am Meeresboden halten sollte.

"Es sieht danach aus, dass es Verletzungen am Torso gibt, mit denen versucht werden sollte, Luft und Gase entweichen zu lassen, damit der Körper nicht an die Oberfläche getrieben wird", sagte Polizeisprecher Møller Jensen. Zur Todesursache könne man noch keine Angaben machen, weil die Obduktion wegen der abgetrennten Gliedmaßen äußerst schwierig sei.

Was sagen Walls Angehörige?

Die Familie von Kim Wall reagierte mit Bestürzung auf den Tod der Journalistin. Ihre Mutter Ingrid Wall schrieb auf Facebook: "Mit grenzenloser Traurigkeit und Bestürzung erhielten wir die Nachricht, dass Überreste unserer Tochter und Schwester Kim Wall gefunden wurden. Das Ausmaß der Katastrophe können wir noch nicht ermessen, und viele Fragen müssen noch beantwortet werden."

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Wer ist Peter Madsen?

Der dänische Ingenieur hat in den vergangenen Jahren mehrfach mit spektakulären Selfmade-Konstruktionen Aufsehen erregt. Madsen, der auf der Insel Seeland als Zimmermannssohn aufwuchs, gilt als Genie und Perfektionist. Er hatte mit Kollegen und Mitmenschen immer wieder Probleme. Regeln, Kompromisse oder Absprachen waren nicht seine Sache.

Unter anderem bastelten Madsen und ein Team um den früheren Nasa-Mitarbeiter Kristian von Bengtson jahrelang an einer Rakete, die einen Menschen in rund einhundert Kilometer Höhe bringen sollte. Als Madsens größter Coup jedoch gilt bis heute der Bau der "UC 3 Nautilus".

Wie geht es nun weiter?

Madsen, der wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung in Untersuchungshaft sitzt, wurde den Behörden zufolge noch nicht zu den neuesten Ermittlungsergebnissen befragt. Die Suche nach Leichenteilen wurde mit Bereitschaftskräften entlang der gesamten Küstenlinie ausgeweitet, am Dienstag kamen dabei auch Taucher und die dem Militär unterstellte Heimwehr zum Einsatz.

mxw/apr/dpa
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