Kriminalitätsstatistik 2012 Tatort Bundesrepublik

Frankfurt am Main ist die gefährlichste Großstadt, München die sicherste - das geht aus der Kriminalstatistik 2012 hervor. Im Länderranking liegen Bayern und Baden-Württemberg ganz vorne, Nord- und Ostdeutschland hinten. Sorge bereitet vor allem der starke Anstieg an Einbrüchen.
Polizeieinsatz in Frankfurt am Main: Die Stadt verzeichnete 2012 die meisten Delikte

Polizeieinsatz in Frankfurt am Main: Die Stadt verzeichnete 2012 die meisten Delikte

Foto: Werner Baum/ dpa

Wiesbaden - Was Kriminalität angeht, gibt es in Deutschland ein Nord-Süd-Gefälle - das legt zumindest die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) nahe. Dem Bericht des Bundeskriminalamtes (BKA) zufolge waren Berlin, Bremen und Hamburg die drei Bundesländer mit den meisten Straftaten pro 100.000 Einwohner. Die Statistik wird offiziell am Mittwoch vorgestellt, das Papier liegt SPIEGEL ONLINE vor.

Besonders bemerkenswert ist der Zuwachs bei Betrugsfällen bei Lastschriftverfahren (15.471 Fälle/+13,8 Prozent) und der Betrug mit gestohlenen Daten von Zahlungskarten (19.652 Fälle/+22,4 Prozent).

Deutlich ist aber auch der Anstieg bei Wohnungseinbrüchen. Die Statistik verzeichnet hier ein Plus von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr - insgesamt wurden 144.177 Fälle registriert. Mobile Einbrecherbanden stellen etwa in Nordrhein-Westfalen die Ermittler vor große Probleme.

"Die gestiegene Zahl der Einbrüche ist besorgniserregend und mahnt zum Handeln. Wir müssen endlich die Analyse- und Ermittlungskompetenzen der Landeskriminalämter stärken", sagt der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizei-Gewerkschaft, Rainer Wendt, SPIEGEL ONLINE. Der Grund: Sie könnten besser als örtliche Behörden den Überblick über die Straftaten dieser hochmobilen Diebesbanden behalten. "Auch muss die Justiz verstehen, dass Wohnungseinbrüche keine Bagatelldelikte sind. Für die Betroffenen sind das traumatische Erlebnisse."

"Wir brauchen einen Direkteinstieg zur Kripo"

Ähnlich sieht das der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz. "Deutschland ist das Eldorado für Einbrecher, und die Taten werden auch noch weiter ansteigen", sagt er. Das liege vor allem daran, dass in den meisten Bundesländern Einbrüche kaum sachgemäß bearbeitet würden. "Häufig müssen sich die Kollegen auf sogenannte Beileidsbesuche beschränken, für richtige Ermittlungen fehlen Zeit und fachkundiges Personal."

Der entscheidende Fehler vieler Innenminister sei, eine Einheitsausbildung für Polizisten eingerichtet zu haben. Den Beruf des Kriminalbeamten erlerne man nicht "Learning by Doing". "Auf diese Weise geht die Qualität der kriminalistischen Arbeit verloren", sagt Schulz. "Wir brauchen in einer immer komplexer werdenden Welt dringender denn je einen Direkteinstieg zur Kripo."

Insgesamt stieg die Kriminalität 2012 im Vergleich zum Vorjahr geringfügig an. 5.997.040 Fälle wurden erfasst, 6361 mehr als 2011 - ein Anstieg um 0,1 Prozent. Gleichzeitig sank im Vergleich zu 2011 die Aufklärungsquote von 54,7 auf 54,4 Prozent. Noch immer machen Diebstähle den größten Teil aller Straftaten aus. Fast 40 Prozent der rund sechs Millionen erfassten Delikte entfielen auf diesen Bereich.

Weniger Delikte im Süden

Die Unterschiede zwischen dem Süden und dem Rest der Republik zeigen sich etwa bei der Zahl der Delikte pro Bundesland. Außer in den drei Stadtstaaten gab es auch in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein vergleichsweise viele Vergehen. Die wenigsten Straftaten wurden in Bayern und Baden-Württemberg gezählt.

Kriminalitätsverteilung nach Bundesländern

Land Anzahl Fälle*
Berlin 14.144
Bremen 13.128
Hamburg 12.651
Nordrhein-Westfalen 8510
Sachsen-Anhalt 8180
Brandenburg 7819
Mecklenburg-Vorpommern 7749
Sachsen 7551
Schleswig-Holstein 7468
Saarland 7191
Niedersachsen 7041
Rheinland-Pfalz 6688
Hessen 6494
Thüringen 6307
Baden-Württemberg 5317
Bayern 4997
*Fälle pro 100.000 Einwohner
Quelle: PKS 2012

Unter den Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern hat Frankfurt am Main der Statistik zufolge die höchste Kriminalitätsrate, gefolgt von Düsseldorf, Köln und Berlin. Unter den Top Fünf der sichersten Städte sind drei aus Bayern.

Kriminalität in Städten ab 200.000 Einwohner

Stadt Höchste Fallzahlen* Stadt Niedrigste Fallzahlen*
Frankfurt am Main 16.310 München 7153
Düsseldorf 14.966 Augsburg 8156
Köln 14.590 Wiesbaden 8288
Berlin 14.144 Bielefeld 8323
Dortmund 13.917 Nürnberg 8626
*Fälle pro 100.000 Einwohner
Quelle: PKS 2012

Auch bei der Aufklärungsquote ergaben sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Nur in Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen lag sie über 60 Prozent. Weniger als die Hälfte der Straftaten wurden in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein aufgeklärt.

Aufklärungsquote nach Bundesländern

Land Aufklärungsquote*
Thüringen 64,3
Bayern 63,2
Niedersachsen 61,0
Rheinland-Pfalz 60,2
Hessen 58,8
Mecklenburg-Vorpommern 58,5
Baden-Württemberg 57,7
Sachsen-Anhalt 57,4
Sachsen 55,4
Saarland 53,5
Brandenburg 53,3
Bremen 50,1
Nordrhein-Westfalen 49,1
Schleswig-Holstein 48,1
Berlin 44,7
Hamburg 43,1
*Angaben in Prozent
Quelle: PKS 2012

Bei den Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern verzeichnete Augsburg die höchste Aufklärungsquote. Am meisten Delikte blieben in Münster und Hamburg unaufgeklärt.

Aufklärungsquote in Städten ab 200.000 Einwohner

Stadt Höchste Aufklärungsquoten* Stadt Niedrigste Aufklärungsquoten*
Augsburg 70,9 Münster 42,6
Erfurt 63,4 Hamburg 43,1
Stuttgart 63,1 Gelsenkirchen 44,1
Nürnberg 62,4 Köln 44,3
Hannover 62,3 Berlin, Bonn 44,7
*Angaben in Prozent
Quelle: PKS 2012

Die Zahlen spiegeln allerdings nur bedingt die Wirklichkeit. Mehrere Faktoren begrenzen laut BKA die Aussagekraft der Statistik:

  • Was polizeilich nicht erfasst wird, taucht nicht auf. Nur das so genannte Hellfeld findet sich in der Statistik, das Dunkelfeld nicht. So schreibt das BKA, das Anzeigeverhalten unterscheide sich von Region zu Region. Im ländlichen Raum gebe es eventuell "geringere Toleranz gegenüber Normverletzungen" und dadurch "eine erhöhte Anzeigebereitschaft". Auch die Zahl der Touristen, Pendler oder Durchreisenden könnte die Kriminalitätsrate beeinflussen.
  • Schwankungen in der Statistik können sich auch ergeben, wenn das Strafgesetz geändert wird oder die Polizei gewisse Delikte intensiver verfolgt. Und auch die rein statistische Erfassung und Auswertung der Fälle kann Einfluss auf die Fallzahlen haben.
  • Die Straftaten werden erst erfasst, wenn die Fälle an die Staatsanwaltschaft gehen. Langwierige Ermittlungen tauchen deshalb unter Umständen nicht auf und verzerren dadurch die Angaben.

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