Langzeitinsasse Frauenmörder Pommerenke stirbt nach 49 Jahren in Haft
Asperg - Fast ein halbes Jahrhundert verbrachte er hinter Gittern: Als Heinrich Pommerenke in den Knast wanderte, war Konrad Adenauer noch Bundeskanzler. Nun ist der mehrfache Frauenmörder hinter Gittern gestorben - schwerkrank und vereinsamt. Das Justizministerium in Stuttgart bestätigte einen Bericht der "Bild"-Zeitung.
Demnach fanden Aufseher den 71-Jährigen am Samstag tot in seinem Bett im Gefängniskrankenhaus Hohenasperg bei Ludwigsburg.
Pommerenke saß länger im Gefängnis als jeder andere Häftling in Deutschland. Vor wenigen Wochen war er wegen einer schweren Blutkrankheit, der er schließlich erlag, in die Klinik gebracht worden. Seine Leiche soll am Dienstag obduziert werden.
Der Fall Pommerenke bewegte vor 50 Jahren ganz Deutschland: Zwischen dem 15. September 1958 und dem 19. Juni 1959 beging er zahlreiche Straftaten. Er ermordete vier Frauen und überfiel und vergewaltigte zahlreiche weitere. 1960 verhängte das Landgericht Freiburg sechsmal lebenslanges Zuchthaus und weitere 15 Jahre Haft.
Seit dem 19. Juni 1959 war Pommerenke ununterbrochen eingesperrt.
In den vergangenen Jahren kämpfte der zuckerkranke Häftling um eine Rückkehr in die Freiheit. Zwar galt seine Strafe seit 2001 als verbüßt, Sachverständige hielten aber noch 2004 eine Entlassung nicht für angezeigt - auch, weil er im Gefängnis nur wenige Stunden Therapie erhielt.
"Ich wollte verhaftet werden"
Rückblick: Der gebürtige Mecklenburger Pommerenke, der Anfang der fünfziger Jahre in den Westen geht, verübt schon als junger Mann in Süddeutschland erste Verbrechen, geht im österreichischen Bregenz auf Raubzug und wird in Schaffhausen in der Schweiz wegen Vergewaltigung verurteilt.
Nach einer ärmlichen und lieblosen Jugend schlägt sich Pommerenke zunächst bei Schaustellern durch, als Verkäufer in Bahnhofskiosken und als Schlafwagenkellner in Fernzügen. In Hornberg im Schwarzwald arbeitet er als Tellerwäscher und kickt auf dem Bolzplatz mit den Schäuble-Brüdern Wolfgang und Thomas.
Ende der fünfziger Jahre ermordet Pommerenke vier Frauen auf besonders grausame Weise. Er vergewaltigt, raubt, stiehlt, mal schlägt er in Karlsruhe zu, mal in Hornberg, in Singen, in Triberg oder Baden-Baden.
Nur durch einen Zufall wird er gefasst - ein Schneider aus Hornberg entdeckt ein abgesägtes Gewehr in einer Aktentasche, die Pommerenke dort hatte liegen lassen. Oder war es Absicht? "Ich hatte keinen Ausweg mehr. Ich wollte verhaftet werden", sagte Pommerenke 2006 in einem langen Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
"Vor ihnen sitzt der Teufel"
Insgesamt 65 Straftaten gesteht Pommerenke der Polizei und sagt den Beamten: "Vor Ihnen sitzt kein Mensch, sondern der Teufel." Das Landgericht Freiburg verhängt sechsmal lebenslanges Zuchthaus, dazu - aus Einzelstrafen von zusammen 156 Jahren - weitere 15 Jahre Gesamtstrafe. Und der damalige Oberstaatsanwalt beschwört 1960 eine regelrechte Höllenstrafe: Hinter Pommerenke "werden sich neun Tore schließen, durch die er nie mehr herauskommen soll", sagt er voraus. "In die neunte Hölle Dantes muss er hinein."
Erst 34 Jahre später setzte Pommerenke zum ersten Mal wieder einen Fuß vor die Tür des Gefängnisses in Bruchsal bei Karlsruhe, in dem er - ebenso wie der frühere RAF-Terrorist Christian Klar - die meiste Zeit seiner Haft verbrachte. Den Ausflug nahm der JVA-Direktor auf seine Kappe, während der damalige baden-württembergische Justizminister Thomas Schäuble in einer Radiosendung sagte, der Mörder, mit dem er als Kind Fußball gespielt habe, dürfe nicht wieder aus der Haft kommen. Pommerenke selbst gab aber auch vor seinem Tod zu bedenken, dass seine Lebensfähigkeit in Freiheit zunächst erarbeitet werden müsse: "Ich möchte nicht entlassen werden, wenn die Frauen vor mir schreiend davonlaufen müssen."
Sogar das Bundesverfassungsgericht nahm sich Mitte der neunziger Jahre des Falls an und entschied, es sei mit der Menschenwürde unvereinbar, die Chance auf Freiheit auf einen "von Siechtum und Todesnähe gekennzeichneten Lebensrest zu reduzieren". Anders ausgedrückt: Es gibt ein Recht auf ein würdevolles Lebensende in Freiheit. Pommerenke, gegeißelt als "Ungeheuer vom Schwarzwald", litt damals an Nierenkrebs, die Ärzte gaben ihm maximal fünf Jahre.
Doch aus Sicht eines Sachverständigen war die Rückfallgefahr bis zuletzt nicht ausgeräumt.