Bundesweite Ermittlungen »Letzte Generation« verurteilt Razzien – und kündigt neue Proteste an

Wohnungen wurden durchsucht, Konten gesperrt: Die Polizei ist bundesweit gegen die »Letzte Generation« vorgegangen. Die Klimaaktivisten geben sich unbeirrt, den Vorwurf einer »kriminellen Vereinigung« weisen sie zurück.
Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg: »Was ist daran kriminell?«

Hausdurchsuchung in Berlin-Kreuzberg: »Was ist daran kriminell?«

Foto: Christoph Soeder / dpa

Die Klimaschutzgruppe »Letzte Generation« hat die Ermittlungen wegen der »Bildung krimineller Vereinigungen« als überzogen kritisiert. »Der Paragraf 129 soll eigentlich eingesetzt werden, um die öffentliche Ordnung zu schützen, um Terrorismus zu vereiteln«, sagte Sprecherin Aimée van Baalen. »Jetzt wird er gegen uns eingesetzt.« Durch das Sperren der Website und von Konten werde »legitimer Protest behindert«, so Baalen weiter.

In Paragraf 129 wird im Strafgesetzbuch die »Bildung krimineller Vereinigungen« unter Strafe gestellt. Die Polizei hat am Mittwochmorgen auf dieser Basis 15 Objekte in ganz Deutschland durchsucht  und Gelder beschlagnahmt. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren.

Mitglieder und Finanzierung aufklären

Den Beschuldigten werde vorgeworfen, eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die »Letzte Generation« organisiert zu haben, teilten die Ermittlungsbehörden mit. Dadurch sei ein Betrag von mindestens 1,4 Millionen Euro zusammen gekommen. Zwei Beschuldigte stünden zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Ölpipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren. Ziel der Durchsuchungen sei es, die Mitgliederstruktur und die Finanzierung aufzuklären.

Die »Letzte Generation« wies in ihrer Pressekonferenz hingegen auf die eigene Transparenz hin. »Wir stehen mit unseren Gesichtern und Namen für unseren Protest und kündigen an, was wir vorhaben«, sagte Sprecherin Baalen. Die gesamte Arbeit sei öffentlich, die Struktur auf der Website einsehbar, ebenso Informationen zur Förderung. »Was ist daran kriminell?«, fragte die Aktivistin. Staatsanwälte aus ganz Deutschland hätten bereits klargemacht, »dass sie den Vorwurf einer kriminellen Vereinigung für komplett absurd halten«. Man glaube an den Rechtsstaat und habe auch keine Angst vor einem Prozess, sagte Baalen weiter. »Wir haben Angst vor der Zerstörung unseres Rechtsstaats durch die Folgen der Klimakrise.«

Weitere Proteste angekündigt – auch in neuer Form?

Juristen waren zu unterschiedlichen Auffassungen gekommen, ob es sich bei der »Letzten Generation« um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte. Das Landgericht Potsdam sah nach einem Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Neuruppin einen Anfangsverdacht, dass es sich bei der »Letzten Generation« um eine kriminelle Vereinigung handeln könne. Auch hier hatte es zuvor eine Razzia an insgesamt elf Orten im Bundesgebiet gegeben. Die Staatsanwaltschaft Berlin hingegen hatte entsprechende Ermittlungen bisher abgelehnt. Die neue Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) lässt diese Frage in ihrem Ressort erneut prüfen.

Die »Letzte Generation« rief zu weiteren Protesten auf, solange »unsere Lebensgrundlagen laufend zerstört werden«. Am Mittwoch sei eine Demonstration in Berlin geplant, danach in München und Leipzig. In der kommenden Woche sollten weitere Proteste in anderen Städten folgen. »Die Widerstandsgruppen sprudeln gerade so aus dem Boden«, sagte Baalen. Die Aktivistin sprach von Demonstrationen, bei denen die Teilnehmenden »einfach friedlich langsam« über die Straße laufen.

In den vergangenen Wochen hatte es in Großbritannien sogenannte Slow-Marches gegeben. Ziel ist es, durch sehr langsames Laufen den Verkehr zu behindern. Ob die »Letzte Generation« diese Protestform nun in Deutschland ausweiten will, wurde aus den Äußerungen nicht vollkommen klar. Nachfragen von Journalisten waren auf der Pressekonferenz nicht gestattet.

sep
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