Reaktion auf tödlichen Messerangriff Schleswig-Holstein erwägt Alarmknopf in Zügen

In Schleswig-Holstein sollen nach der Zugattacke von Brokstedt die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden. Laut der Landesregierung kamen Informationen aus Hamburg über den Verdächtigen nicht in Kiel an.
Gedenken nach der Gewalttat: Kerzen und Blumen am Bahnhof Brokstedt (Aufnahme vom 27. Januar)

Gedenken nach der Gewalttat: Kerzen und Blumen am Bahnhof Brokstedt (Aufnahme vom 27. Januar)

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug in Schleswig-Holstein hat die Landesregierung Sicherheitsmaßnahmen für den Bahnverkehr angekündigt. »Dazu gehört die Videoüberwachung in Zügen und Bahnhöfen und eine angemessene Beleuchtung an Bahnhöfen«, sagte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags. Zudem prüfe die Regierung die Installation eines Knopfes für einen stillen Alarm in Waggons.

Zudem sollen künftig auch Polizistinnen und Polizisten in Zivil mit Dienstwaffe kostenlos mit der Bahn fahren dürfen, wenn sie sich zu Beginn der Fahrt beim Zugpersonal anmelden, sagte Sütterlin-Waack. Einige ungeheuerliche Taten ließen sich durch keine Sicherheitsmaßnahmen ausschließen, sagte die Ministerin. »Unser Ziel ist es, vergleichbare Angriffe so weit wie möglich zu verhindern.« Dabei müsse die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit gewahrt bleiben.

»Strafschärfungen sind sicher kein Allheilmittel«, sagte Landesjustizministerin Kerstin von der Decken (CDU). Doch über eine mögliche Erhöhung der Strafen für Körperverletzungen mit einem Messer müsse beraten werden. Damit habe sich bereits 2019 die Justizministerkonferenz befasst, dies sei aber auf Widerstand der damaligen Bundesregierung gestoßen.

Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) räumte derweil Probleme in der Kommunikation der Behörden ein. Bestimmte Informationen aus Hamburg zum mutmaßlichen Täter Ibrahim A. seien nicht in Schleswig-Holstein angekommen, sagte Touré. Beide Länder müssten sich die Frage stellen, ob sie nicht an einigen Stellen noch hätten nachhaken müssen.

Reaktion auf Kritik aus Hamburg

Der 33 Jahre alte A. war sechs Tage vor der Tat aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) verteidigte sich am Mittwoch in der Hansestadt gegen Kritik. In der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft verwies sie darauf, dass die Freilassung gerichtlich entschieden worden war. Sie sei nicht vorzeitig, sondern unter Ausschöpfung des Rechtsrahmens erfolgt. »Und es gab auch keine Möglichkeit, Auflagen zu erteilen.«

Über eine Rücknahme des sogenannten subsidiären Schutzstatus für A. ist nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) noch nicht entschieden worden. Zur Erklärung sagte ein Abteilungsleiter vor dem Innen- und Rechtsausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags, es sei nicht möglich gewesen, dem Mann rechtliches Gehör zu geben, da dieser keinen festen Wohnsitz hatte. Auf Post an eine hinterlegte Adresse habe er nicht reagiert.

Touré: »Der Beschuldigte hat eine ungeklärte Staatsangehörigkeit«

Hätte die Behörde Kenntnis von der Untersuchungshaft in Hamburg gehabt, wäre es ein Leichtes gewesen, sagte der Bamf-Abteilungsleiter. Auch der Austausch mit der Ausländerbehörde in Kiel habe keine entsprechenden Hinweise ergeben. Nun, nach der erneuten Inhaftierung von A., könne rechtliches Gehör gewährt werden. Dann sei es wahrscheinlich, dass der Schutzstatus zurückgenommen wird. Das Rücknahmeverfahren war im Herbst 2021 eingeleitet worden. Der Mann selbst habe sich bei seiner Einreise nach Deutschland 2014 als Palästinenser aus dem Gazastreifen und staatenlos bezeichnet. »Der Beschuldigte hat eine ungeklärte Staatsangehörigkeit«, sagte die Integrationsministerin. Es sei keine Feststellung der Staatenlosigkeit durch die Behörden erfolgt.

Bei der Attacke in dem Regionalzug  waren am 25. Januar eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger getötet worden. Fünf Menschen wurden verletzt. Gegen Ibrahim A. wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen erlassen.

bbr/dpa
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