Missbrauchsfall in Münster Mutter des Hauptopfers bestreitet Vorwürfe

Sie soll jahrelang vom sexuellen Missbrauch ihres minderjährigen Sohnes gewusst – und nichts unternommen haben. Der 31-jährigen Mutter droht eine lange Haftstrafe, zum Prozessauftakt in Münster bestritt sie die Vorwürfe.
Die 31-jährige Angeklagte im Landgericht Münster

Die 31-jährige Angeklagte im Landgericht Münster

Foto: Guido Kirchner / dpa

Im Missbrauchskomplex Münster hat der Prozess gegen eine weitere mutmaßliche Schlüsselfigur begonnen. Der 31-jährigen Mutter des Hauptopfers wird vorgeworfen, nichts unternommen zu haben, obwohl sie gewusst habe, dass ihr Lebensgefährte ihren heute elf Jahre alten Sohn sexuell missbrauchte.

Die Anklageschrift über sechs Seiten wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen. Das Landgericht Münster hatte dem Antrag der Nebenklage zu diesem Schritt stattgegeben. Auch die Verteidiger und die Staatsanwaltschaft stimmten zum Schutz des Opfers zu.

Konkret wirft die Staatsanwaltschaft der Mutter in neun Fällen Beihilfe durch Unterlassung vor. Die Frau soll seit 2018 vom schweren sexuellen Missbrauch ihres eigenen Kindes durch ihren Lebensgefährten Adrian V. gewusst haben. Vereinzelt soll sie ihren Sohn auch zu sexuellen Handlungen mit dem Mann animiert haben. Nicht nachzuweisen sei ihr jedoch, ob sie auch vom Missbrauch ihres Sohns durch andere Männer gewusst habe.

Adrian V. war Anfang Juli als Haupttäter zahlreicher erschütternder Fälle von Kindesmissbrauch in Münster zu 14 Jahren Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Das Urteil gegen den 28-Jährigen ist noch nicht rechtskräftig. Die 46-jährige Mutter von Adrian V. soll wegen Beihilfe für fünf Jahre ins Gefängnis. Sie hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Auch die nun angeklagte Mutter des missbrauchten Jungen ließ zum Auftakt eine Erklärung ihrer Verteidiger verlesen und machte darin ausführliche Angaben zu ihrer Person, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Demnach bestritt sie umfassend die Vorwürfe und ließ keine Nachfragen zu.

Mehr als ein Dutzend Verhandlungen allein in Münster

Allein am Landgericht Münster ist der Prozess um die Mutter des Opfers die insgesamt 13. Verhandlung in dem Missbrauchskomplex, der im Juni 2020 ans Licht kam. Weitere Verfahren wurden oder werden an anderen Landgerichten in ganz Deutschland geführt. Dabei geht es um schwere sexuelle Gewalt, die über Jahre hinweg von mehreren Männern an einer Vielzahl von Kindern verübt wurde. Tatorte gab es in Deutschland, im benachbarten Ausland und in einer eigens präparierten – heute abgerissenen – Gartenlaube in Münster.

Am ersten Verhandlungstag informierte eine Zeugin vom Jugendamt der Stadt Münster das Gericht über die Folgen des Missbrauchs auf das junge Opfer. Außerdem wurde eine Audiodatei als Beweismittel eingeführt, auf der ein Dialog zwischen der Angeklagten und ihrem ehemaligen Lebensgefährten zu hören ist. Zum Inhalt wurde nichts bekannt.

Bis Ende September hat das Landgericht acht weitere Verhandlungstage angesetzt. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin drohe der Angeklagten im Fall einer Verurteilung eine Haftstrafe zwischen zwei und 15 Jahren. Auch über eine anschließende Sicherungsverwahrung muss das Landgericht entscheiden.

Haupttäter V. ist als Zeuge geladen

Beim nächsten Verhandlungstag am Dienstag kommender Woche sollen mehrere Täter als Zeugen vernommen werden. Darunter auch Adrian V., der als Haupttäter geltende ehemalige Lebensgefährte der Angeklagten. Der IT-Techniker kann allerdings seine Aussage verweigern.

fek/dpa
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