Mordprozess gegen deutschen Hochstapler Anwalt plädiert auf Freispruch

Angeklagter Gerhartsreiter: Urteil im Mordprozess steht bevor
Foto: JOE KLAMAR/ AFPLos Angeles - Für seine Verteidiger steht er unschuldig vor Gericht, für die Staatsanwaltschaft ist er ein kaltblütiger Mörder: Im Mordprozess gegen den Hochstapler Christian Karl Gerhartsreiter hat die Verteidigung auf Freispruch plädiert. Die Vorwürfe gegen den als "falscher Rockefeller" bekannt gewordenen Gerhartsreiter beruhten zu einem großen Teil auf "Spekulationen", sagte Anwalt Jeffrey Denner am Montag (Ortszeit) in Los Angeles.
Staatsanwalt Habib Balian sagte dagegen, der gebürtige Bayer sei ein Meister im Manipulieren gewesen, der eine Lüge nach der anderen erzählt habe. Der Deutsche war 2011 angeklagt worden, vor 28 Jahren den Sohn seiner Vermieterin getötet zu haben. Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihm mindestens 26 Jahre Haft.
In dem Verfahren geht es um einen Mord aus dem Jahr 1985. Damals lebte Gerhartsreiter in einem wohlhabenden Vorort von Los Angeles. Dort soll er das Verbrechen begangen haben; die Leiche wurde erst neun Jahre später bei Bauarbeiten gefunden, sie konnte erst 2008 mit neuen DNA-Methoden identifiziert werden.
Leiche hinter Gästehaus vergraben
Staatsanwalt Balian sagte, alle Indizien deuteten darauf hin, dass Gerhartsreiter den damals 27-jährigen John Sohus brutal getötet habe. Die Ermittler verdächtigen Gerhartsreiter auch, für das Verschwinden von Sohus' Frau Linda verantwortlich zu sein - angeklagt ist er in diesem Punkt aber nicht.
Balian sagte, die zerstückelte Leiche von John Sohus sei direkt hinter dem Gästehaus vergraben worden, in dem sich Gerhartsreiter damals einquartiert hatte. Der Kopf des Opfers sei in zwei Taschen mit dem Logo von Universitäten eingewickelt gewesen, an denen der Angeklagte studiert habe.
Gerhartsreiters Anwalt Denner hielt dagegen, die Schuld sei nicht zweifelsfrei erwiesen. Weder Augenzeugen noch kriminaltechnische Beweismittel wie DNA-Spuren würden Gerhartsreiter direkt mit dem Verbrechen in Verbindung bringen. Außerdem habe die Anklage kein Motiv für die Tat präsentiert. Die verschollene Ehefrau des Mordopfers komme ebenso gut als Täterin in Betracht.
Gerhartsreiter habe viele Straftaten begangen, etwa Identitätsdiebstahl und Einwanderungsbetrug. "Er hat vieles getan, für das er nie belangt wurde", sagte Anwalt Denner. "Kein Wunder, dass er untertauchen wollte." Aber sein Mandant habe sich nie vor einem Mordprozess verstecken wollen.
Christopher Chichester alias Christopher Crowe alias Clark Rockefeller
Der vor drei Wochen begonnene Prozess wirft ein Schlaglicht auf die bizarre Lebensgeschichte Gerhartsreiters, der Ende der siebziger Jahre aus dem Chiemgau in die USA gekommen war. Immer wieder wechselte er den Namen. Als John und Linda Sohus verschwanden, nannte er sich Christopher Chichester.
Im Frühjahr 1985 tauchte Chichester alias Gerhartsreiter unter. Zunächst arbeitete er zeitweise unter dem Pseudonym Christopher Crowe als Aktienhändler in New York, später nahm er dann den Namen Clark Rockefeller an. Als vermeintlicher Spross der berühmten Rockefeller-Familie heiratete er in den neunziger Jahren eine gut situierte Unternehmensberaterin.
Die Lügengebäude von Gerhartsreiter kamen zum Einsturz, als er vor vier Jahren nach einer Scheidung und einem Sorgerechtsstreit in Boston wegen der Entführung seiner damals siebenjährigen Tochter vor Gericht stand. Der Deutsche wurde zu mehreren Jahren Haft verurteilt, außerdem wurden die Ermittler in dem Mordfall in Los Angeles auf ihn aufmerksam.
Am Dienstag erhält die Staatsanwaltschaft noch einmal die Möglichkeit, in dem Mordprozess auf das Schlussplädoyer der Verteidigung zu antworten. Dann zieht sich die Jury - sieben Frauen und fünf Männer - zurück, das Urteil wird noch für diese Woche erwartet.