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Mutmaßliche Vergewaltigung mit Wolfsmaske Am helllichten Tag

Nach dem Missbrauch einer Elfjährigen in einem Münchner Park fasst die Polizei mittels DNA-Abgleich schnell einen Verdächtigen. Der einschlägig Vorbestrafte nutzte offenbar die Freiheiten seiner Resozialisierung.

Es ist ein Verbrechen wie aus einem Albtraum für Familien, sehr selten und deshalb besonders aufwühlend: Ein fremder Mann folgt einem elfjährigen Mädchen an der S-Bahn-Station, in rund 20 Metern Entfernung, so zeigen es Videoaufzeichnungen, die der Polizei vorliegen. Vermutlich saßen die beiden in derselben Bahn.

In einem Park nahe der S-Bahn-Trasse zieht der Mann das Mädchen am helllichten Tag in ein Gebüsch, drückt es zu Boden und vergewaltigt es. Bei der Tat trägt er eine Wolfsmaske und Latexhandschuhe. Nach dem Verbrechen bedeutet er dem Kind, noch nicht aufzustehen, sonst werde er seiner Familie etwas antun.

Einen Tag nach dem Verbrechen am Dienstagnachmittag im Münchner Stadtteil Obergiesing hat die Polizei den mutmaßlichen Täter festgenommen, einen 43-Jährigen mit Wohnsitz in München. DNA-Spuren auf dem Körper und der Unterwäsche des Mädchens führten zu einem Treffer mit einer Datei für Straftäter. Die Staatsanwaltschaft wird Haftbefehl beantragen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und Nötigung.

Es ist ein schneller Fahndungserfolg für die Ermittlungsgruppe "Wolf" der Münchner Polizei. Und er ist wichtig für die Mütter und Väter in München, für das Sicherheitsempfinden einer ganzen Stadt. Denn die Tat, begangen bei Tageslicht in einer belebten Parkanlage, hatte die Menschen verstört. Mit über 100 Beamtinnen und Beamten war die Polizei im Einsatz. Es seien sehr viele Hinweise eingegangen, so berichtete es der Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins bei einer Pressekonferenz.

Eine Polizistin sucht mithilfe eines Suchhunds am Rande eines Waldstücks nach Hinweisen.

Eine Polizistin sucht mithilfe eines Suchhunds am Rande eines Waldstücks nach Hinweisen.

Foto: Lino Mirgeler/DPA

Eine Zeugin war am Tatort vorbeigegangen, eine zweite mit dem Fahrrad daran vorbeigefahren. Doch sie konnten das Geschehen offenbar nicht als Vergewaltigung einordnen und meldeten sich erst im Nachhinein.

Gleichzeitig ist die Tat bitter für Justiz und Strafvollzug. Denn der Verdächtige ist kein Unbekannter. Er war einschlägig vorbestraft. Von seinen acht Vorstrafen betreffen sieben ähnliche Delikte. Zuletzt bekam der Sexualstraftäter im Jahr 2010 eine Haftstrafe von vier Jahren und elf Monaten, unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern. Auch die Sicherungsverwahrung und Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde angeordnet.

Ärzte hielten ihn für ungefährlich

Doch auch für solche Täter sieht das Gesetz im Maßregelvollzug eine allmähliche Resozialisierung vor. Die behandelnden Ärzte entschieden, den Mann ab November 2018 auf Lockerungsstufe D einzuordnen, die gewisse Freiheiten erlaubt, etwa das externe Wohnen auf Probe. Davor wurden verschiedene Gutachten eingeholt, man kam zu dem Schluss, der Mann stelle keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit dar. Insgesamt vier Ärzte unterschrieben die Lockerungsvereinbarung. Offenbar eine Fehlentscheidung.

Der Mann hat eine Ausbildung als technischer Zeichner. Er wohnte in einer therapeutischen Wohngruppe und ging einer Hilfsarbeit in einer Firma im Münchner Süden nach. Als die Polizei an seiner Arbeitsstelle klingelte und nach ihm fragte, versuchte er zu fliehen, doch die Beamten konnten ihn stellen.

Die Maske nicht gefunden

Der Mann verlangte nach seinem Pflichtverteidiger und machte bislang keine Angaben zu den Vorwürfen. Plante er die Tat? "Das hätte ich den Täter auch gerne gefragt, wenn er bereit gewesen wäre, Angaben zu machen", sagt Kommissar Ignaz Raab, der Leiter des Kommissariats Sexualdelikte bei der Münchner Polizei. Für Vorsatz spreche jedoch die mitgeführte Wolfsmaske. Die Polizei durchsuchte Wohnung und Arbeitsplatz des Verdächtigen, konnte dabei die Gummimaske aber nicht finden.

Der Fall ist noch zu frisch, um daraus Schlüsse für Strafvollzug oder Therapie zu ziehen oder gar systemische Mängel festzustellen. Eine Nachschau bei den involvierten Stellen wird vermutlich folgen. Anne Leiding, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft München 1 sagt: "Der Täter trägt die Verantwortung für seine Taten."

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