
Harry Wörz: Der lange Kampf um Gerechtigkeit
Nach Freispruch Wörz-Prozess geht wahrscheinlich weiter
Mannheim - Der beispiellose Marathon-Prozess gegen Harry Wörz aus Birkenfeld (Enzkreis) geht wahrscheinlich weiter. Auch nachdem das schriftliche Urteil vorliegt, gehen Nebenklage und Staatsanwaltschaft davon aus, dass sie ihre Revision gegen den Freispruch für Wörz aufrecht erhalten. "Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, das ich das nicht durchziehe", sagte Anwalt Michael Schilpp am Dienstag. Er vertritt die Familie des Opfers.
Die Ex-Frau von Wörz war im April 1997 beinahe erdrosselt worden und ist seitdem schwer behindert. Wörz wurde danach wegen versuchten Totschlags verurteilt und hat einen Teil der Strafe verbüßt. Zweimal sprach ihn das Landgericht Mannheim aber auch frei - zuletzt am 22. Oktober. Der 43-Jährige beteuert seit Jahren seine Unschuld.
Neun Wochen nach dem jüngsten Urteil liegt die schriftliche Begründung der 3. Strafkammer vor. Wörz' Anwalt Hubert Gorka bezeichnete den 112 Seiten langen Text auf den ersten Blick als "revisionssicher". Er müsse ihn aber noch gründlich prüfen, sagte er. Nach Angaben Gorkas führt das Gericht auf mehr als 14 Seiten Gründe auf, die aus seiner Sicht für einen anderen Täter sprechen. Bereits im mündlichen Urteil hatten die Richter deutlich gemacht, dass sie den Geliebten des Opfers - einen Pforzheimer Polizeibeamten für dringend tatverdächtig halten.
Opfer-Anwalt Schilpp kritisierte dies. Er sei weiterhin erstaunt über die Wertung des Gerichts. "Die Indizien gegen Wörz sind nach wie vor erdrückend - daran hat die jüngste Hauptverhandlung nichts geändert", meinte er. Der Staatsanwaltschaft und ihm bleiben nun vier Wochen Zeit für die schriftliche Begründung der Revision.
Wörz war 1998 zunächst zu elf Jahren Haft verurteilt und wegen eines Wiederaufnahmeverfahrens vorzeitig entlassen worden. Vor vier Jahren war er bereits ein erstes Mal freigesprochen worden, doch hatte der Bundesgerichtshof das Urteil wegen rechtlicher Fehler aufgehoben. Der neuerliche Freispruch muss nach der Revision voraussichtlich wieder vom BGH geprüft werden.