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Der Augenzeuge "Dann riss die Naht"

Julian Heuschötter, 29, ist Polizist in München-Mitte. Hier erklärt er, warum die neuen Uniformen schick, aber mies sind.
Aufgezeichnet von Andreas Ulrich
aus DER SPIEGEL 5/2020
Foto:

Peter Schinzler/ DER SPIEGEL

"Als vor drei Jahren die blaue Dienstkleidung endlich bei der bayerischen Polizei eingeführt wurde, habe ich mich gefreut. Bayern war das letzte Bundesland, das auf Blau umstellte. Die alte grün-gelbe Uniform, die wir Försteranzug nannten, war wirklich nicht mehr zeitgemäß. Zuvor hatten Kollegen die neuen Hosen und Hemden Probe getragen. Doch als die neue Uniform ausgeliefert wurde, waren wir sehr enttäuscht. Sie sieht zwar gut aus, ist aber für den polizeilichen Alltag nicht geeignet.

Die Hemden sind aus viel zu dünnem Stoff gefertigt, sie verlieren schnell ihre Farbe, die Kanten an Kragen und Manschetten bleichen aus. In der Waschanleitung steht, man solle die Hemden nur auf links waschen und nicht allzu viele auf einmal, aber das ist in der Praxis kaum möglich.

Auch der Stoff der Hosen ist zu dünn, die Taschen sind zu klein und die Nähte nicht haltbar. Einmal saß ich in der Bahn, und als ich aufstand, riss mir die Naht im Schritt auf 15 Zentimetern auf. Das war peinlich, zumal ich noch dreieinhalb Stunden Fahrt vor mir hatte. Meine Kollegen berichten, dass ihnen Ähnliches passiert ist, als sie sich im Einsatz bückten oder in den Streifenwagen stiegen. Das darf einfach nicht sein. Ich verstehe nicht, dass die Kleidung den Trageversuch besteht und in der Praxis versagt.

DER SPIEGEL 5/2020
Foto: Pascal Kerouche/ Universal Music

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Wir beziehen die Uniformen über ein Logistikzentrum in Niedersachsen. Wenn man dort etwas zur Reklamation einschickt, leiten die es an die Hersteller weiter. Dann ist das Stück erst einmal für vier bis sechs Wochen weg. Von uns hat aber jeder nur drei Hosen, eine leichte, eine mittlere und eine warme für den Winter. Da kann man schlecht auf eine verzichten. Viele Beamte geben die Sachen dann lieber zum Schneider oder bitten die Oma um Reparatur. Vielleicht ist das der Grund, warum es offiziell nur 400 Beanstandungen gibt, was bei 27 500 Beamten nicht viel ist. Immerhin werden wir unsere Kleidung bald über ein bayerisches Logistikzentrum beziehen. Eine verbesserte Hose sollen wir im Sommer erproben."

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