NSU-Prozess Türkische Medien gehen bei Platzvergabe leer aus

Zeitungen und TV-Sender aus der ganzen Welt wollen vom Prozess gegen Beate Zschäpe berichten, doch der Platz im Münchner Oberlandesgericht ist begrenzt. Nun wurde die Liste der akkreditierten Medien veröffentlicht - türkische sind nicht darunter.

München - Türkische Medien sind bei der Verteilung der 50 garantierten Medienplätze für den Prozess gegen Beate Zschäpe leer ausgegangen. Die Akkreditierungen wurden laut dem Oberlandesgericht München strikt nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs vergeben. Türkische Medien wie die Zeitungen "Hürriyet" und "Sabah" können nur nachrücken, wenn ein fest akkreditiertes Medium am jeweiligen Prozesstag bis 15 Minuten vor Beginn der Verhandlung nicht anwesend ist.

"Grundsätzlich kann man sicher vertreten, dass bei einem Prozess in Deutschland deutsche Medien anders behandelt werden als ausländische Medien", sagte CDU-Politiker Ruprecht Polenz der "Berliner Zeitung". "In diesem Fall hätte ich es aber besser gefunden, wenn man wegen der Abstammung der Opfer auch türkischen Medien eine Berichterstattung auf garantierten Plätzen ermöglicht hätte", so der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags.

Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden rassistisch motivierte Morde an neun ausländischen Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin zur Last gelegt. Acht der Opfer waren türkischstämmig, ein Opfer war griechischer Abstammung. Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche NSU-Helfer beginnt am 17. April.

Die Akkreditierungsvergabe nach Eingang sei objektiv und unangreifbar, teilte das OLG München mit. Das Vorgehen sei vorher bekanntgegeben worden, so dass sich alle Medien darauf hätten einstellen können. Alternativ hätte man nur per Los entscheiden können, sagte Gerichtssprecherin Margarete Nötzel. Ein solches Verfahren hätte aber noch mehr Schwierigkeiten aufgeworfen.

123 Medien hatten sich um eine Akkreditierung bemüht, unter ihnen acht türkische. Sie erhalten nun eine Akkreditierungskarte, jedoch ohne sicheren Platz. Auch große internationale Medien wie die Nachrichtenagenturen AP und AFP, "New York Times", BBC und "International Herald Tribune" sind auf der Nachrückerliste. Feste Plätze bekamen hingegen einige freie Journalisten, die ihre Anfragen offensichtlich schneller geschickt hatten.

"Als eine Zeitung, die eine Redaktion hier in Deutschland hat, ist es wirklich schade, dass wir nicht unter den ersten 50 sind", sagte Ismail Erel, stellvertretender Chefredakteur der Europa-Ausgabe der liberalen Tageszeitung "Sabah", die ihren Sitz in der Nähe von Frankfurt am Main hat. "Wir sind seit Jahren hier", sagte Erel. "Für mich ist es absolut unverständlich."

Zuvor hatte das OLG München bereits eine Platzreservierung für den türkischen Botschafter abgelehnt.

hut/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren