NSU-Zeuge über Beate Zschäpe "Ich kann nichts Negatives über sie sagen"

Im NSU-Prozess hat sich ein Zeuge aus der rechten Szene bemüht, Beate Zschäpe zu entlasten. Er bekundete mehrfach offen Sympathien für die mutmaßlichen Terroristen - und lieferte sich Wortgefechte mit dem Vorsitzenden Richter.
Angeklagte Beate Zschäpe: NSU-Prozess in München

Angeklagte Beate Zschäpe: NSU-Prozess in München

Foto: Andreas Gebert/ dpa

Die Vernehmung eines früheren Führungskaders des "Thüringer Heimatschutzes" (THS) im NSU-Prozess ist ungewöhnlich konfrontativ verlaufen. Schon bei den Fragen nach den Personalien entstanden erste Wortgefechte zwischen dem Zeugen und dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl.

So wollte der Zeuge zunächst seinen Beruf nicht verraten. In der Befragung ging es um die Kameradschaft Jena und THS. Diesen Organisationen gehörten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Böhnhardt vor ihrem Abtauchen in den Untergrund im Jahr 1998 an. Zschäpe muss sich im NSU-Prozess für die zehn Morde verantworten, die die Bundesanwaltschaft der Gruppe zuschreibt.

Der Zeuge beschrieb die Organisationen als Zusammenschlüsse, in denen es um "eine bessere Welt" gegangen sei. Zudem bestritt er, dass das NSU-Trio tatsächlich als Dreiergruppe existierte. Über Zschäpe sagte er, sie habe in der Gemeinschaft mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nur eine nachgeordnete Rolle gespielt.

"Wer noch?"

Mehrfach bekundete der Zeuge offen Sympathien für die mutmaßlichen Terroristen. Über Zschäpe meinte er: "Ich kann nichts Negatives über sie sagen". Als er im Jahr 1998 am Telefon erfuhr, dass Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe abgetaucht seien, da habe er zurückgefragt: "Wer noch?" Dass Zschäpe allein mit den beiden Männern in den Untergrund gehen könne, sei ihm nicht in den Sinn gekommen.

Seine Schilderungen zu den mutmaßlichen NSU-Todesschützen Mundlos und Böhnhardt klangen streckenweise wie Nachrufe. Mundlos habe viel gelacht und viel geredet, sodass er dessen Nachnamen zunächst für einen Spitznamen gehalten habe. Zu Böhnhardt, den bisher fast alle Zeugen als reizbar und cholerisch schilderten, meinte er, der sei ein "angenehmer Zeitgeselle" gewesen.

Freundliche Worte fand der Zeuge auch für den wegen Beihilfe angeklagten Ralf Wohlleben. Der habe sich zwar der NPD angeschlossen, "die das Wort demokratisch im Namen trägt", sei aber dennoch ein "Kamerad". Er selbst und sein THS hätten die NPD abgelehnt und seien lieber der radikaleren Kameradschaftsszene treu geblieben. Der THS war von dem inzwischen wegen Kindesmissbrauchs inhaftierten V-Mann Tino Brandt gegründet worden und gilt als geistige Heimat des NSU.

Fragen des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl nach weiteren THS-Mitgliedern beantwortete der Zeuge nicht. Anders als bei den anderen Themen machte er trotz mehrfacher, teils lautstarker Ermahnungen immer wieder Erinnerungslücken geltend und provozierte den Richter mehrfach mit sarkastischen Gegenfragen.

wit/dpa
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