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St. Peter am Hart: Missbrauchsvorwürfe gegen 80-Jährigen fallengelassen

Foto: HERWIG PRAMMER/ REUTERS

Oberösterreich Inzest-Vorwürfe gegen 80-Jährigen fallengelassen

Der Verdacht war ungeheuerlich: Ein Österreicher sollte sich über Jahrzehnte an seinen Töchtern vergangen haben. Nun ist der Haftbefehl gegen den 80-Jährigen überraschend aufgehoben worden - die Frauen verneinten in Vernehmungen jeglichen sexuellen Missbrauch durch ihren Vater.

St. Peter am Hart - Der Verdacht hatte Österreich schockiert - nun sind die Anschuldigungen zurückgenommen worden: Ein wegen Inzest- und Missbrauchsvorwürfen verhafteter 80-jähriger Österreicher ist wieder auf freiem Fuß. Das Landesgericht Ried im Innkreis habe den Haftbefehl gegen den Mann am Freitag aufgehoben, teilte die leitende Staatsanwältin Ernestine Heger am Nachmittag mit.

Die beiden Töchter des Mannes hätten in den Vernehmungen "dezidiert in Abrede gestellt", von ihrem Vater sexuell missbraucht worden zu sein, so Heger. Staatsanwaltschaft und Polizei hatten sich bei ihren Ermittlungen ausdrücklich auf die Aussagen der beiden heute 45 und 53 Jahre alten Frauen gestützt.

Heger sagte nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA, die Töchter hätten zwar "einschlägige Tathandlungen" beschrieben, die jedoch ein anderer Mann an ihnen verübt habe. Die geschilderten Taten lägen schon längere Zeit zurück und müssten noch überprüft werden. Dass ihr Vater sie ebenfalls missbraucht habe, hätten die Frauen ausdrücklich verneint.

Heger sagte, im Laufe der Befragungen seien Zweifel aufgekommen, ob die Frauen die Begriffe überhaupt verstanden hätten. Auch der Anwalt des 80-Jährigen bestätigte, dass die geistig leicht bis mittelschwer eingeschränkten Frauen Probleme mit abstrakteren Begriffen hätten: "Vergewaltigung heißt für sie, wenn jemand einen ans Bett fesselt oder aus dem Bett stößt", sagte er. Sex bedeute für die beiden Töchter, wenn jemand nackt herumlaufe. "Sie sagen: Das hat der Papa mit uns nicht gemacht."

Vorwurf der Körperverletzung bleibt bestehen

Der Anwalt bezeichnete die Entscheidung der Staatsanwaltschaft als ersten Schritt in die richtige Richtung. Es habe sich bewahrheitet, was sein Mandant von Anfang an gesagt habe - dass Dritte die beiden Frauen aufgehetzt hätten. Betreuerinnen und Verwandte seien mit Mutmaßungen zur Polizei gegangen, sagte der Anwalt. Vor einer Entscheidung über das weitere Vorgehen wolle er nun das psychiatrische Gutachten abwarten.

Den Vorwurf der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung gegen ihren Vater erhalten die Töchter laut Staatsanwältin Heger aufrecht. Den neuesten Aussagen der Frauen zufolge lagen die Taten aber längere Zeit zurück. Hier müsse jetzt geprüft werden, ob die Taten bereits verjährt seien, sagte Heger. Da die Schläge mit dem Tod der Mutter 2008 aufgehört hätten und keine akute Wiederholungsgefahr mehr bestehe, sei der Mann freigelassen worden. Laut Heger waren die beiden Frauen über die Berichte in den Medien wütend und unglücklich.

Die beiden Töchter sind laut früheren Behördenangaben geistig behindert. Damals hatte es auch geheißen, dass die Frauen nach eigener Aussage während ihrer Schulzeit auch von einem Bekannten ihres Vaters misshandelt worden seien; diese Taten seien aber mittlerweile verjährt.

Der 80 Jahre alte Mann aus dem bayerisch-österreichischen Grenzort St. Peter am Hart war am 26. August wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft gekommen. Er war unter dem Verdacht festgenommen worden, er habe seine Töchter 40 Jahre lang gefangen gehalten und sexuell missbraucht. Der Mann hatte die Vorwürfe stets bestritten.

ulz/dapd/AFP/dpa
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