London - Aufregung im deutschen Olympiateam: Ruderin Nadja Drygalla hat das olympische Quartier verlassen. Sie soll laut ARD mit einem Mann aus der rechtsextremen Szene liiert sein. In einem Gespräch mit Michael Vesper, Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, entschloss sich die 23-Jährige zur Abreise . Um keine Belastung für die Olympiamannschaft entstehen zu lassen, habe sie diesen Schritt von sich aus getroffen, teilte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit.
Das Gespräch am Donnerstagabend dauerte laut Vesper etwa anderthalb Stunden. Er habe Drygallas Entschluss begrüßt, teilte der Funktionär auf einer Pressekonferenz am Freitagvormittag mit. Dennoch stellte er sich hinter die Athletin: Drygalla sei glaubwürdig gewesen und er habe keinen Zweifel, dass sie "auf dem Boden des Grundgesetzes und der olympischen Werte" stehe, so Vesper. Wenn es den leisesten Hinweis auf Fremdenfeindlichkeit eines Sportlers gebe, "wäre diese Person nicht Mitglied der Mannschaft", ergänzte der Funktionär.
"Man muss differenzieren", sagte Vesper. Für ihn gehe es immer um die Person selbst, nicht um ihr Umfeld. Man würde Menschen Unrecht tun, wenn man sie durch andere Menschen aus ihrem Umfeld definieren würde. "Für uns ist ihre Beziehung nicht der entscheidende Punkt", sagte er. Entscheidend sei, wie sie selber denke und zu demokratischen Grundsätzen stehe - und aus dem Gespräch habe er keinen dagegensprechenden Eindruck gewonnen.
Der Fall sei nicht unproblematisch, so Vesper. Eigenen Angaben zufolge hat er zum ersten Mal am Donnerstag über Journalistenanfragen von den Vorwürfen gehört und unverzüglich das Gespräch gesucht. Es könnte nicht darum gehen, dass der DOSB auch noch das Umfeld der Athleten untersuche. Vesper betonte mehrfach, dass im deutschen Sport kein Platz für rechtsextremes Gedankengut sei. "Wir sind da hellwach", sagte er dem TV-Sender N24.
Anscheinend gab es jedoch schon länger Gerüchte. "Ich weiß, dass das schon vor einigen Monaten schon mal möglicherweise im Gespräch war", sagte Vesper über die Causa Drygalla.
Aus dem Polizeidienst ausgeschieden
Die Ruderin war in London im Deutschland-Achter gestartet und mit dem Boot im Hoffnungslauf ausgeschieden. Ein weiterer Start der 23-Jährigen war nicht vorgesehen.
Der Deutsche Ruderverband (DRV) will nach den Spielen das private Umfeld von Drygalla klären und danach über mögliche Konsequenzen entscheiden. "Wir werden mit ihr in Ruhe sprechen, wenn wir wieder zu Hause sind", sagte der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel. "Wenn sich bestätigt, dass sie nichts damit zu tun hat, warum soll sie nicht weitermachen? Sie ist von sich aus abgereist, sie wollte die Mannschaft nicht stören. Man darf sie nicht vorverurteilen. Es gab für uns nie Anzeichen, dass an den Vorwürfen etwas dran sein könnte."
Drygalla war Polizeianwärterin des Landes Mecklenburg-Vorpommern und gehörte der Sportfördergruppe des Landes an. "Im September 2011 schied sie auf eigenen Wunsch aus dem Amt aus", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Ob ihr Ausscheiden mit den angeblichen Verbindungen ins rechte Milieu zusammenhängt, ist nicht bekannt. "Den Grund dafür kenne ich nicht", sagte Vesper.
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Drygalla (4.v.r.) soll mit einem Neonazi liiert sein.
Die Rostockerin war in London im Deutschland-Achter gestartet und mit dem Boot im Hoffnungslauf ausgeschieden. Ein weiterer Start der 23-Jährigen war nicht vorgesehen.
Der Deutsche Ruderverband (DRV) will nach den Olympischen Spielen das private Umfeld von Drygalla (hier bei der EM 2011 in Bulgarien) klären und danach über mögliche Konsequenzen entscheiden.
Chef de Mission: Die Leitung der Olympiamannschaft habe "Erkenntnisse zum privaten Umfeld Drygallas" erhalten, erklärte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. Es habe deshalb ein "ausführliches und intensives Gespräch" mit Drygalla im Beisein des Sportdirektors des Deutschen Ruderverbandes, Mario Woldt, gegeben.
Drygalla habe bekräftigt, "dass sie sich zu den Werten der Olympischen Charta und den in der Präambel der DOSB-Satzung niedergelegten Grundsätzen bekennt". Um keine Belastung für die Olympiamannschaft entstehen zu lassen, habe sie von sich aus erklärt, dass sie das olympische Dorf verlassen werde. Hier (im Strandkorb, Mitte) ist sie Mitte Juli mit anderen Olympiateilnehmern aus Mecklenburg-Vorpommern zu sehen. Auf dem Bild ist auch Ministerpräsident Erwin Sellering (4.v.r.).