Phantom-Fall Firma garantierte Reinheit der Wattestäbchen

Erneute Wende im Heilbronner Phantom-Fall: Wie nun bekannt wird, hat der Vertreiber der Wattestäbchen doch die DNA-Freiheit seiner Produkte versprochen. Die Verschmutzung mit irrelevantem Genmaterial hatte Ermittler jedoch jahrelang auf falsche Fährten geführt.

Hamburg - Es war das etwas zerknirschte Eingeständnis eines Fehlers: Die Firma Greiner Bio-One GmbH im baden-württembergischen Frickenhausen räumte am heutigen Montag ein, dass einigen Wattestäbchen-Lieferungen Zertifikate beigelegen haben können, wonach die Werkzeuge garantiert frei von DNA-Spuren seien. Bisher hatte die Firma erklärt, eine DNA-Freiheit sei niemals garantiert worden.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart kündigte eine Prüfung des Vorwurfs an, wonach möglicherweise das Unternehmen der bei der Spurensicherung benutzten Wattestäbchen falsche Angaben gemacht hat. "Wir haben einen Beobachtungsvorgang eingeleitet", sagte Sprecherin Claudia Krauth. Die Behörde prüfe, ob es Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht gebe.

Das österreichische Bundeskriminalamt hatte am Freitag erklärt, dass die Greiner Bio-One International AG in Kremsmünster mit einem Zertifikat garantiert habe, dass ihre Wattestäbchen frei von DNA seien. Dagegen hatte die deutsche Firma versichert, die von ihr an die Polizei gelieferten Wattestäbchen seien nicht für die Sicherung von DNA-Spuren am Tatort geeignet. Eine Unternehmenssprecherin sagte auf Anfrage, dies gelte weiterhin.

Der Geschäftsführer der Greiner Bio-One GmbH, Heinz Schmid, erklärte am Montag, zum Zeitpunkt des Beginns der Pressekonferenz am Freitagnachmittag und während ihres Verlaufs habe man keinen Anhaltspunkt dafür gehabt, dass einigen Lieferungen von Abstrichbestecken derartige Zertifikate beigelegen haben könnten.

"Wir haben die Medien zu diesem Zeitpunkt vollständig und umfassend informiert und Fragen nach bestem Wissen beantwortet." Erst am späten Nachmittag habe das Unternehmen per Fax erste Informationen über ein Zertifikat erhalten. Nun sollen den Angaben zufolge die Unterlagen aus fast zehn Jahren geprüft werden.

Das Unternehmen widersprach einem Zeitungsbericht, wonach es nach Bekanntwerden der Vorwürfe kurzfristig ihre Homepage geändert habe. "Keinem der Verantwortlichen ist eine Änderung bekannt, noch wurde eine angeordnet", so Greiner Bio-One.

Das baden-württembergische Landeskriminalamt hatte am Freitag einräumen müssen, dass die seit zwei Jahren gesuchte vermeintliche Phantommörderin nicht existiert und dass die an 40 Tatorten sichergestellte DNA-Spur nicht von einer Tatbeteiligten stammt, sondern von einer Arbeiterin eines Verpackungsbetriebs in Bayern. Ein LKA-Sprecher betonte, dass Thema DNA-Freiheit werde jetzt bundesweit in einer speziellen Arbeitsgruppe diskutiert.

jdl/AP
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