

Heidelberg - Der Plastinator Gunther von Hagens bekommt Ärger mit der Justiz: Wie die Staatsanwaltschaft Heidelberg SPIEGEL ONLINE bestätigte, ist beim Landgericht Mannheim Anklage gegen von Hagens und seine Frau erhoben worden. Dem Plastinator, bekannt durch seine Ausstellung "Körperwelten", wird vorgeworfen, polnische Arbeiter als Scheinselbstständige eingesetzt und dadurch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 465.405 Euro hinterzogen zu haben.
Laut Anklage wurden die Arbeiter in Unternehmen mit Sitz in Heidelberg eingesetzt, die Plastinate herstellen, vertreiben und ausstellen. Hagens' mitangeklagte Ehefrau soll als Verantwortliche von zwei der insgesamt drei Firmen von Mai 2005 bis Oktober 2008 zahlreiche polnische Staatsangehörige in Betriebsstätten in Heidelberg und dem brandenburgischen Guben beschäftigt haben, ohne Sozialabgaben und Lohnsteuern abzuführen.
In einem Unternehmen soll Gunther von Hagens als faktischer und später als Mitgeschäftsführer die Taten gemeinschaftlich mit seiner Ehefrau begangen haben. Bei den beiden anderen Unternehmen soll er sie zu den Taten angestiftet haben. Der Anklage waren lange Ermittlungen vorausgegangen. Schon vor drei Jahren hatten Zollbeamte wegen des Verdachts auf Schwarzarbeitdas von Hagens gegründete Heidelberger Institut und das Gubener Museum durchsucht.
Ein Sprecher des Plastinators wies die Vorwürfe als haltlos zurück. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ziele einzig auf die Person Gunther von Hagens ab. Sie habe Anklage erhoben, ohne die durch seine Verteidigung angekündigten medizinischen Unterlagen zur Verhandlungsunfähigkeit des Mediziners abzuwarten.
Im Jahr 2008 diagnostizierten Ärzte bei Gunter von Hagens Parkinson. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich mit den Jahren zusehends. Inzwischen zeigt er sich nicht mehr in der Öffentlichkeit. Der Mediziner ist ein Vorreiter des Verfahrens der Plastination. Darunter versteht man die wirklichkeitsgetreue Konservierung anatomischer Präparate. Von Hagens hat ein Verfahren entwickelt, in dem menschliche Leichen gehärtet und in dünne Scheiben geschnitten werden können. Kritiker werfen ihm vor, mit seinen Leichenpräparaten die Menschenwürde zu verletzen.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Der Anatom Gunter von Hagens hat angekündigt, seine orignalgetreuen Leichennlastinate schon bald in einem Online-Shop zum Verkauf anzubieten.
Die Ausstellungen seiner sogenannten Körperwelten waren anfangs ein großer Publikumserfolg. Während Kritiker von Hagens als "Frankenstein-Künstler" brandmarken, sieht sich der 65-Jährige im Dienste von Bildung und Aufklärung.
Zwar sollen nur Nutzer, die in Forschung, Lehre oder als niedergelassener Arzt tätig sind, die original Leichenplastinate bestellen können, dennoch hat von Hagens Ankündigung bereits die Kritik mehrerer Bischöfe in Baden-Württemberg hervorgerufen.
Der evangelische Landesbischof von Baden, Ulrich Fischer, und der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch riefen die Politik auf, den Handel zu verhindern und "diesen Tabubruch nicht zuzulassen".
Von Hagens hatte in Heidelberg als Assistent am Anatomischen Institut der Universität seine ersten Versuche gestartet. Heute ist in der Stadt auch sein Institut für Plastination (IFP) ansässig.