Organspende-Skandal in Göttingen
Anklage fordert acht Jahre Haft für Aiman O.
Der ehemalige Göttinger Chefarzt Aiman O. soll Daten manipuliert haben, damit seine Patienten schneller an Spenderorgane kommen. "Er spielte Gott", befand die Anklage in ihrem Plädoyer - und forderte eine lange Haftstrafe.
Angeklagter Arzt Aiman O. (M.) mit Verteidigern: "Er spielte Gott"
Foto: Swen Pförtner/ dpa
Im Prozess über den Göttinger Organspende-Skandal fordert die Staatsanwaltschaft acht Jahre Haft für den angeklagten ehemaligen Chefarzt Aiman O. Außerdem sprach sich Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff in ihrem Plädoyer vor dem Landgericht dafür aus, dass der Mann ein lebenslanges Berufsverbot als Transplantationsmediziner erhält.
Die Anklage wirft dem Arzt Körperverletzung mit Todesfolge an drei Patienten vor, zudem versuchten Totschlag in elf Fällen. Es sei erwiesen, dass der frühere Chef der Göttinger Transplantationsmedizin Daten manipuliert habe, um die Wartezeit seiner Patienten auf Spenderlebern zu verkürzen und damit ihre Überlebenschance zu erhöhen, hieß es.
So soll O. Laborwerte gefälscht, nicht auf den Alkoholkonsum seiner Patienten geachtet und mehrfach Patienten fälschlicherweise als dialysepflichtig bezeichnet haben. Dies führte zu deren akut dringlichen Einstufung bei Eurotransplant, Organe wurden zugewiesen.
"Er selektierte, er spielte Gott"
Staatsanwältin Hildegard Wolf wertete dies als versuchten Totschlag zum Nachteil von elf Patienten auf der Eurotransplant-Warteliste. Unter Missachtung der Vergaberegeln habe O. diesen Organe vorenthalten und so wissentlich ihren möglichen Tod in Kauf genommen. "Er selektierte, er spielte Gott", sagte Wolf.
Zudem soll O. drei Patienten eine neue Leber transplantiert haben, ohne dass dies erforderlich war und ohne dass die Patienten über die Risiken der Operation aufgeklärt wurden. Alle sind nach der Transplantation gestorben. Dies wertet die Staatsanwaltschaft als Körperverletzung mit Todesfolge. Als Motiv nannte Wolf eine "Gemengelage" aus Ehrgeiz, Geltungsdrang, Macht und Geld.
Die Manipulationen bei Organspenden waren 2012 ans Licht gekommen. An verschiedenen Standorten hatten Ärzte Patientenunterlagen gefälscht, zunächst waren Fälle im Göttinger Uniklinikum bekannt geworden, dann auch in Regensburg, München und Leipzig.
Anm. d. Red: Das Urteil des Landgericht Göttingen, das O. im Jahr 2015 vom Vorwurf des versuchten Totschlags in elf Fällen sowie vom Vorwurf der Körperverletztung mit Todesfolge in drei Fällen freigesprochen hatte, ist vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. Juni 2017 bestätigt worden. Der Freispruch ist damit rechtskräftig.