Er soll Kopf der mutmaßlichen rechten Terrortruppe sein: Heinrich XIII. Prinz Reuß. Am Mittwochmorgen hat die Polizei bundesweit im Auftrag des Generalbundesanwalts und des Bundeskriminalamts 25 Personen aus dem »Reichsbürger«-Milieu festgenommen.
Ihnen wird vorgeworfen, Teil einer terroristischen Vereinigung zu sein oder diese unterstützt zu haben. Etwa 150 Wohnungen, Büros und Lagerräume wurden gestürmt. Darunter auch die Kaserne des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr im baden-württembergischen Calw. Rund 3.000 Polizisten waren in elf Bundesländern im Einsatz.
Die Beschuldigten sollen einen Umsturz des politischen Systems in Deutschland geplant haben. Heinrich XIII. Prinz Reuß sollte als Regent eingesetzt werden. SPIEGEL-Reporter Roman Lehberger war bei einer Razzia in Thüringen vor Ort.
Roman Lehberger, DER SPIEGEL
»Ich befinde mich hier in Bad Lobenstein im Thüringer Schiefergebirge. Hier hinter mir sehen wir das Jagdschloss »Waidmannsheil«. Es gehört Heinrich Prinz Reuß XIII., das ist der Hauptbeschuldigte im großen Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts gegen eine rechtsterroristische Vereinigung, die heute Morgen in einer bundesweiten Aktion hochgenommen wurde. Um 6:00 Uhr hier in der Früh, das haben wir beobachtet, hat die GSG9 dieses Gelände hinter mir hier erstürmt. Es wurde laut, es wurde rumgeschrien, es gab Knallgeräusche. Also man ist hier mit großem Besteck eingeritten. Jetzt finden hier umfangreiche Durchsuchungsmaßnahmen statt. Hundertschaften durchkämmen hier das gesamte parkähnliche Gelände nach Sprengstoff, nach Waffen, nach anderen Beweismitteln. Wie unsere Quellen uns berichtet haben, gilt dieses Schloss hier als so etwas wie die Schaltzentrale dieser terroristischen Organisation. Hier sollen Treffen stattgefunden haben mit mutmaßlichen Mitverschwörern und so etwas wie der Hauptsitz dieser Truppe gewesen sein. Der Beschuldigte selbst, Herr Prinz Reuß, gilt hier im Ort eher als Wirrkopf und Sonderling, so haben uns Nachbarn berichtet. Er scheint aber trotzdem hier gut verdrahtet zu sein, denn seine Kontakte reichen hier bis in die Spitzen der Kommunalpolitik. Der Bürgermeister von Bad Lobenstein gilt als Bekannter oder Freund dieses Hauptbeschuldigten und er musste auch im Sommer zurücktreten, also der Bürgermeister, aufgrund seiner dubiosen Umtriebe. Aber das zeigt eben, dass diese rechtsterroristische Vereinigung hier im Ort offensichtlich auch gute Beziehungen hatte.«
Den bisherigen Ermittlungen zufolge sollte Heinrich XIII. Prinz Reuß nach dem geplanten Umsturz als Regent Verhandlungen mit Russland aufnehmen. Über seine Lebensgefährtin Vitalia B. soll es bereits zur Kontaktaufnahme mit russischen Stellen gekommen sein, laut den Ermittlern allerdings nicht erfolgreich.
Ein weiterer Beschuldigter, der ehemalige Fallschirmjäger-Kommandeur Rüdiger von P., soll sich insbesondere um den militärischen Arm der Organisation gekümmert haben. Er soll versucht haben, gezielt Polizisten und Soldaten für die Terrortruppe zu rekrutieren.
Peter Frank, Generalbundesanwalt
»Die Festgenommenen hängen Verschwörungsmythen an, bestehend aus verschiedenen Narrativen der Reichsbürger-Ideologie sowie der QAnon-Ideologie. Die Vereinigung ist nach unserer Erkenntnis aufgebaut zunächst in einer Art Rat, dies soll eine Art Regierungsorganisation sein oder Regierungsteil sein, der sich unterteilt hat und gegliedert hat in verschiedene Ressorts, wie das Kabinett einer Regierung, eines Staates. Bereits einzelne Personen waren vorgesehen für die Übernahme einzelner Ressorts, darunter für das Justizressort: Eine ehemalige Abgeordnete des Deutschen Bundestages.«
Die ehemalige AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann war nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag wieder als Richterin in Berlin tätig. Den Ermittlungen zufolge soll sie Sportschützin sein und mehrere Schusswaffen besitzen. Sie war von der mutmaßlichen Terrorgruppe offenbar als Justizministerin vorgesehen.