Schreiben an das Innenministerium Anonymer Brief berichtet von Rassismus bei Polizei Magdeburg

Innenministerium in Magdeburg: »Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit bei der Polizei«
Foto: Stephan Schulz / picture alliance/dpaDas Innenministerium von Sachsen-Anhalt hat ein anonymes Schreiben erhalten, in dem Beamten der Polizei in Magdeburg nach SPIEGEL-Informationen rassistische und rechtsextreme Äußerungen vorgeworfen werden. Offiziell bestätigte ein Sprecher des Ministeriums zwar den Eingang des Briefs, äußerte sich aber nicht zu den Inhalten. Das Schreiben sei an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.
Das am Computer verfasste Schreiben ging am Montag per Post ein, umfasst zwei Seiten, Angaben zu Absender, Adresse oder weiteren Daten fehlen. Die »Mitteldeutsche Zeitung« hatte zuerst darüber berichtet und geschrieben, der Brief sei von einer »mutmaßlichen Polizistin« verfasst worden. Daran gibt es nach SPIEGEL-Informationen jedoch Zweifel bei den Behörden.
Das Schreiben sei demzufolge ungenau, es gebe keine konkreten Vorwürfe gegen einzelne Beamte, Vorgesetzte oder Einheiten innerhalb der Bereitschaftspolizei Magdeburg. Es werde kein konkreter Chat genannt, kein spezifischer Verlauf gezeigt, keine Handynummer genannt. Zudem würden Abkürzungen genannt, die polizeiintern angeblich nicht üblich seien. Außerdem sei ungewöhnlich, dass in dem Schreiben anfangs die bisherigen Maßnahmen des Ministeriums gegen Extremismus gelobt würden.
Studie zu extremistischen Denkweisen bei der Polizei geplant
Im Oktober hatte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) »Maßnahmen gegen Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit bei der Polizei« beschlossen. So soll es unter anderem eine Studie zu extremistischen Denkweisen in der Polizei geben. Zudem soll ein Extremismusbeauftragter ernannt und eine Sonderkommission eingesetzt werden. Um ein unabhängiges Arbeiten zu ermöglichen, ist sie an das Justizministerium angebunden. Auslöser dieser Maßnahmen waren antisemitische Äußerungen von Beamten der Bereitschaftspolizei. Sie sollen über Jahre einen Kantinenbetreiber abfällig als »Juden« bezeichnet haben.
In dem anonymen Schreiben heißt es, zwischen Beamten der Bereitschaftspolizei seien Worte wie »Ziegenficker«, »Fotze« oder »Kanake« gefallen. Die Beschimpfungen sollen gegen Kollegen gerichtet gewesen sein. Auch ein Bild soll dem Brief beigefügt gewesen sein, es soll eine leicht bekleidete Frau in mutmaßlicher SS-Uniform und ein Hakenkreuz zeigen.
SPD und Grüne, die in Sachsen-Anhalt gemeinsam mit der CDU regieren, meldeten sich nach Bekanntwerden der Anschuldigungen zu Wort. »Die Vorwürfe sind schwerwiegend, und man muss leider annehmen, dass sie nicht völlig aus der Luft gegriffen sind«, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben. Es sei Stahlknechts Aufgabe, für Aufklärung zu sorgen. Ebenso wichtig sei es jedoch, bei der Bereitschaftspolizei eine Führungskultur zu schaffen, »die garantiert, dass Vorgesetzte nicht weggucken und Beamte, die Missstände ansprechen, nicht als Nestbeschmutzer gelten.«
Die Grünen fordern, einen unabhängigen Polizeibeauftragten einzusetzen: »Polizistinnen und Polizisten benötigen eine unabhängige Stelle, an die sie sich vertrauensvoll und unter Umgehung des Dienstwegs wenden können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen«, sagt Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion. Es spreche Bände, »dass die Zuständigen erst durch einen anonymen Brief von der rechtsradikalen Chatgruppe erfahren haben.«
In mehreren Bundesländern waren bereits in den vergangenen Monaten rechtsextreme Chatgruppen von Polizisten aufgedeckt worden.