Schleswig-Holstein Ehemalige KZ-Schreibkraft wegen Beihilfe zum Mord angeklagt

Konzentrationslager in Stutthof bei Danzig
Foto:Piotr Wittman/ dpa
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe in Schleswig-Holstein hat Anklage gegen eine ehemalige Schreibkraft des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig erhoben. Demnach geht es um den Vorwurf der Beihilfe zum Mord in mehr als zehntausend Fällen, wie die Anklagebehörde erklärte. Zuerst berichtete das »Hamburger Abendblatt«.
Der Frau werde vorgeworfen, als Stenotypistin und Schreibkraft des Lagerkommandanten »den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von jüdischen Gefangenen, polnischen Partisanen und sowjetrussischen Kriegsgefangenen Hilfe geleistet zu haben«, hieß es.
Die heute 95-Jährige soll als Sekretärin des Lagerkommandanten mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag im KZ geleistet haben. Der Angeschuldigten aus dem Kreis Pinneberg werde zudem Beihilfe zum versuchten Mord im Zeitraum von 1943 bis 1945 vorgeworfen, hieß es.
Die Staatsanwaltschaft begründete die Vorwürfe mit dem Zweck des Lagers. In Stutthof hatte die SS im Zweiten Weltkrieg mehr als hunderttausend Menschen unter schlechtesten Bedingungen gefangen gehalten, darunter viele Juden. Etwa 65.000 Menschen starben. Stutthof war als Konzentrationslager berüchtigt für die absichtlich unzureichende Versorgung und lebensfeindlichen Zustände. Die meisten Gefangenen starben an Krankheiten und Entkräftung.
Reihe von Anklagen in vergangenen Jahren
Die Anklage erfolgte nach Angaben des Sprechers in der vergangenen Woche am Landgericht Itzehoe. Zuständig sei die Jugendkammer, weil die Frau zum Zeitpunkt der Taten heranwachsend war. Die Ermittlungen liefen seit 2016. Es sei ein sehr komplexes und aufwendiges Verfahren, bei dem Zeugen in den USA und in Israel vernommen wurden. Auch ein Historiker wurde mit Nachforschungen beauftragt.

Eine Gaskammer im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig
Foto: Bruce Adams/ Getty ImagesIn den vergangenen Jahren hatte es in Deutschland eine ganze Reihe von Anklagen und Prozessen gegen ehemalige Angehörige der Wach- und Verwaltungsmannschaften der beiden Konzentrations- und Konzentrationslager Auschwitz und Stutthof gegeben. Zuletzt verurteilte das Landgericht in Hamburg im Juli 2020 einen 93 Jahre alten früheren Stutthof-Wachmann wegen Beihilfe zum Mord in 5232 Fällen zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe nach Jugendstrafrecht. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.