"Finde das Verhalten sehr gut" Polizeisprecher äußert Sympathie für Blockade von Schlachthof - und wird öffentlich gerügt

Ein Sprecher der Itzehoer Polizei kommentierte die Besetzung eines Schlachthofs wohlwollend. Der Führung gefiel das gar nicht, sogar der Innenstaatssekretär reagierte.
Polizisten stehen während der Räumung auf dem Gelände des Schlachthofs in Kellinghusen: "Persönlich finde ich das Verhalten der jungen Leute sehr gut"

Polizisten stehen während der Räumung auf dem Gelände des Schlachthofs in Kellinghusen: "Persönlich finde ich das Verhalten der jungen Leute sehr gut"

Foto: Bodo Marks/ DPA

Stefan Hinrichs hat erst mal zwei Tage frei. Er solle zu Ruhe kommen, hieß es aus der Polizeidirektion Itzehoe. Mehr könne man dazu nicht sagen. Es wird deutlich, dass die vergangenen Tage nicht einfach waren für den Pressesprecher Hinrichs.

Am Montag hatten vermummte Tierschützer einen Schlachthof in Kellinghusen besetzt. Er gehört zum Tönnies-Konzern, laut "Hamburger Abendblatt" werden hier bis zu 6000 Schweine am Tag geschlachtet. 26 Demonstranten kamen am frühen Morgen, ketteten sich an Zäune, entrollten ein Plakat auf dem Dach. Der Betrieb stand erst mal still, berichtete der NDR .

Die Polizei trug einige der Teilnehmer davon, schnitt ein paar Ketten durch, verteilte Platzverweise - insgesamt sei die Demo ruhig verlaufen, teilte Hinrichs zwischendurch mit. Er war als Sprecher der Polizei vor Ort.

Als solcher gab er dem NDR ein Interview , das ihm am Ende einen Rüffel von oberster Stelle einbringen sollte. Wörtlich sagte der: "Persönlich finde ich das Verhalten der jungen Leute sehr gut, dass sie so mutig sich für das Tierwohl einsetzen. Infrage steht natürlich, ob das mit Straftaten einhergehen muss, aber: Grundsätzlich finde ich es sehr schön, dass die Tiere hier Anwälte gefunden haben."

Ein Polizeisprecher, der eine Blockade begrüßt? Es war klar, dass die Führung das so nicht stehen lassen durfte. Dennoch war die Reaktion überraschend.

Zur Neutralität verpflichtet

Zwei Tage nach dem Interview geben Innenstaatssekretär Torsten Geerdts (CDU) und Landespolizeidirektor Michael Wilksen eine Pressemitteilung heraus , die deutlich formuliert ist: Pressesprecher seien zu Neutralität verpflichtet. Sympathiebekundungen für Aktionen, bei denen der Betrieb eines Schlachthofs gestört werde, "haben zu unterbleiben". Es werde sich nicht wiederholen, dass Pressesprecher nicht zwischen offiziellem Auftrag und persönlicher Meinung unterscheiden könnten.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sagte den "Kieler Nachrichten ", die Kritik hätte über den direkten Vorgesetzten erfolgen müssen. "Die Landespolitik ist der falsche Weg."

Überraschend ist die Rüge auch deshalb, weil die Polizeidirektion Itzehoe schon am Tag vor der Meldung des Innenstaatssekretärs eine "Klarstellung " veröffentlicht hatte. Darin wurde auf die Neutralitätspflicht der Landespolizei verwiesen. Man bedauere ausdrücklich, dass in dem TV-Beitrag ein anderer Eindruck entstanden sei. Straftaten würden nicht gebilligt. Unterschrieben hat die Meldung: Stefan Hinrichs.

jpz

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