- • Nazi-Symbole an Unfallort: Der Schandfleck von Schönberg
- • Hakenkreuze an Unfallort: Polizei ermittelt zwei Tatverdächtige
Unfall- und Tatort in Schönberg
Foto: SPIEGEL ONLINEIm Fall von rechtsextremen Schmierereien am Todesort eines verunglückten Kindes ermittelt die Polizei inzwischen gegen vier Beschuldigte. Bei den Tatverdächtigen handele es sich um drei junge Männer im Alter von 17 bis 23 Jahren sowie eine 23-jährige Frau, sagte die Schweriner Oberstaatsanwältin Claudia Lange dem SPIEGEL.
Die Männer werden ihren Angaben zufolge verdächtigt, zweimal Hakenkreuze an die Stelle gemalt zu haben, an der Anfang Juli ein syrischer Junge tödlich verunglückt war. Der Neunjährige war mit seinem Fahrrad versehentlich auf die Fahrbahn geraten und von einem Traktor überfahren worden. Wenig später tauchten auf dem Gehweg Hakenkreuze sowie der Schriftzug "1:0" auf, der Fall erregte bundesweit Empörung.
"Wir gehen davon aus, dass sich diese vier Personen am Tatort aufgehalten haben", sagte Oberstaatsanwältin Lange. Beamte hätten mehrere Wohnungen durchsucht und Handys sichergestellt, die derzeit ausgewertet würden. Zwei der Beschuldigten, die allesamt aus der Region stammen, hatte die Polizei bereits Anfang August ermittelt. Von einer organisierten Tat aus der rechtsextremen Szene sei nach derzeitigem Stand nicht auszugehen, sagte Lange.
Unklar ist demzufolge noch, wer alles selbst Hand angelegt hat. "Ob alle vier tatsächlich aktiv am Tatgeschehen beteiligt waren, wird derzeit geprüft", sagte Lange. Selbst wenn es nur einen Haupttäter gebe, könnte für die anderen jedoch eine Mittäterschaft, Unterstützung oder Beihilfe infrage kommen. Dies sei Bestandteil der laufenden Ermittlungen.
Schönberg, eine Kleinstadt mit 4400 Einwohnern, liegt zwischen Lübeck und Wismar im Nordwesten von Mecklenburg-Vorpommern. In dem Ort leben etwa 40 Flüchtlinge. Die Schmierereien hatten eine Rassismus-Debatte ausgelöst: Ministerpräsidentin Manuela Schwesig verurteilte die Tat, nahe des Unglücksortes versammelten sich etwa hundert Menschen zu einer Mahnwache.
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Etwa 4400 Einwohner leben im mecklenburgischen Schönberg, einem idylisch gelegenen Städtchen knapp 20 Kilometer östlich von Lübeck. Seit Kurzem ist der Ort bundesweit bekannt.
In der Dassower Straße war im Juni ein neunjähriger Junge bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Ein Traktor hatte das Kind seitlich erfasst, nachdem es mit dem Fahrrad versehentlich auf die Straße gekommen war.
Einige Wochen danach war ein großes Hakenkreuz an der Unfallstelle aufgemalt, wenig später schrieben die Täter den Schriftzug "1:0" daneben. Die Empörung war groß.
Die Stadt ließ die Schmierereien entfernen, die Rückstände sind noch immer zu sehen. Anfang August ermittelte die Polizei Tatverdächtige: zwei Männer aus dem Ort im Alter von 22 und 23 Jahren.
Seitdem beschäftigt Schönberg vor allem eine Frage: Wie soll eine Gesellschaft damit umgehen, wenn Feiglinge ein totes Kind rassistisch verunglimpfen?
Bürgermeister Lutz Götze, ein parteiloser Fahrlehrer, tut sich schwer mit dem Fall. Er nahm an einer Mahnwache teil, darüber hinaus will er den Tätern und ihrem Werk aber nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken.
"Wir haben keine braune Szene hier", sagt Götze über seine Stadt. Natürlich gebe es eine Handvoll Leute, "die so einer Ideologie anhängen". Aber doch keine Neonazis.
Ein generelles Problem mit Zuwanderern gibt es dem Bürgermeister zufolge ebenfalls nicht. "Die Flüchtlinge sind alle integriert", sagt Götze, er spricht von etwa 40 Syrern in der Stadt.
Die Familie des verunglückten Jungen hat sich inzwischen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Der Tod des Kindes wird den Ort aber wohl noch eine Weile beschäftigen.