Hamburg - Ein internes Handy-Alarmsystem hat nach SPIEGEL-Informationen beim tödlichen Angriff eines Ex-Schülers auf seinen früheren Lehrer in Ludwigshafen möglicherweise weitere Opfer verhindert. Ein Lehrer hatte den Alarm ausgelöst, als er am Donnerstag seinen Kollegen Rudolf B. stark blutend auf einer Schultreppe entdeckt hatte. Daraufhin wurde ein automatisches Signal auf die Privathandys der anderen Lehrer im Berufsschulzentrum gesendet, um sie vor einem möglichen Amokläufer zu warnen.
Die Anschaffung eines solchen Systems war der Schule 2009 von der Polizei empfohlen worden. Da die Spezial-Handys noch nicht lieferbar gewesen seien, hätten die Techniklehrer der Schule ein eigenes Warnsystem für ihre Privathandys entwickelt, sagte der Ludwigshafener Bürgermeister Wilhelm Zeiser.
Durch die Warnung sei es offenbar gelungen, den Täter nach seiner Bluttat im Schulgebäude weitgehend zu isolieren, bis er dort von Polizeibeamten gestellt werden konnte. Der 23-jährige Florian K. hatte seinen Ex-Lehrer B. durch einen Messerstich ins Herz getötet. Nach seiner Verhaftung sagte er aus, er habe noch weitere Lehrer angreifen wollen.
Bei einer Durchsuchung in der Wohnung des alleinlebenden Mannes fanden die Beamten neben mehreren Luftdruckwaffen in einem Geldschrank einen Speicherstick mit Filmen über frühere Amokläufe sowie eine von ihm als "Lebenslauf" bezeichnete Erklärung. Darin beklagte sich K., von Mitmenschen nicht akzeptiert und wegen seines starken Übergewichts abgelehnt zu werden.
Außerdem entdeckte die Kripo einen Gebührenbescheid der Ludwigshafener Polizei aus dem Jahr 2007. Damals hatten ihn Beamte in seiner Wohnung aufgesucht, nachdem er in einem Internetforum Selbstmordabsichten geäußert hatte. Die Polizisten sahen indes keine Gefährdung. Anschließend wurden K. für den Polizeieinsatz 65 Euro in Rechnung gestellt. Als K. erklärte, das Geld nicht zu haben, wurde der Betrag erlassen, heißt es in Polizeikreisen.
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Großeinsatz an einer technischen Berufsschule in Ludwigshafen: Ein Lehrer ist von einem Schüler mit einem Messer angegrifffen und getötet worden.
Um kurz nach 10 Uhr wurde der Feueralarm ausgelöst - zwei Funkstreifen waren binnen kurzer Zeit am Ort. Auf dem Schulhof informierte man sie, dass in dem Gebäude Schüsse abgegeben worden seien.
Wenig später rückte ein Großaufgebot von Polizisten und Rettungskräften an.
Schüler sammeln sich nach dem Alarm auf dem Schulhof - sie dachten zunächst, es handele sich um einen Probealarm.
Der 23-Jährige hat gestanden, seinen früheren Lehrer angegriffen zu haben, weil der ihm in der Vergangenheit zu schlechte Noten gegeben hatte.
"In der zweiten Stunde gab es einen Feueralarm, dann haben die Klassen geschlossen das Gebäude verlassen", sagte ein Schüler.
Für die schockierten Schüler und deren Eltern sowie Lehrer wurde eine Betreuungsstelle in der benachbarten Anne-Frank-Realschule eingerichtet. Betroffene wurden psychologisch betreut.
Das Gelände weiträumig abgesperrt, da Feueralarm ausgelöst worden war, rückten auch zahlreiche Feuerwehrleute an.
Der Tatort: Die Schule ist laut eigener Internetseite eine von sechs berufsbildenden Schulen in Ludwigshafen. Die Schüler kommen für einige Bildungsgänge aus ganz Deutschland.
Ein Polizeihubschrauber kreist über dem Gebäude. "Nach bisherigen Erkenntnissen gehen wir davon aus, dass es sich bei dem 23-Jährigen um einen Einzeltäter handelt", sagte ein Polizeisprecher.
Rettungskräfte am Tatort: Der 23-Jährige soll mehrere Lehrer angegriffen haben. Einen von ihnen verletzte er so schwer, dass der Pädagoge kurze Zeit später starb.
Polizisten und ein Notfallseelsorger stehen an einer Absperrung vor der Berufsschule.
Schüler und Rettungsdienste auf dem Hof der Berufsschule.
Bei der betroffenen Einrichtung handelt es sich um die Berufsbildende Schule Technik II im Stadtteil Mundenheim, die von 3200 Schülern besucht wird.
Der 58 Jahre alte Lehrer sei trotz Erste-Hilfe-Maßnahmen am Tatort - einer Kellertreppe - verstorben, teilte der Einsatzleiter der Polizei, Franz Leidecker, mit.
Die Ermittlungsbehörden teilten auf einer Pressekonferenz die ersten Erkenntnisse mit. Die rheinland-pfälzische Wissenschaftsministerin Doris Ahnen kündigte an, dass die Schule am Freitag und Samstag geschlossen bleibe.
Die Staatsanwaltschaft gehe von "niederen Beweggründen" und damit Mord aus, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Lothar Liebig.