Veto vom Amtsarzt Prozess gegen früheren SS-Mann ausgesetzt

Richter, Schöffen am Landgericht Neubrandenburg
Foto: Markus Schreiber/ AP/dpaVor dem Landgericht Neubrandenburg ist der Prozess gegen einen früheren SS-Sanitäter im KZ Auschwitz auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden. Eine Amtsärztin habe den 95-Jährigen am Morgen für verhandlungsunfähig erklärt, sagte der Vorsitzende Richter. Das Gericht will nun den Gesundheitszustand des Mannes in einem Krankenhaus umfassend prüfen lassen.
Dem ehemaligen Landarbeiter Hubert Z. aus einem Dorf in der Nähe Neubrandenburgs wird Beihilfe zum Mord in mindestens 3681 Fällenvorgeworfen. Er war im Sommer 1944 zur Sanitätsstaffel der SS im Konzentrationslager (KZ) Auschwitz-Birkenau abkommandiert. In jener Zeit kam auch der Deportationszug mit der später berühmt gewordenen Tagebuch-Autorin Anne Frank und ihrer Familie in Auschwitz an.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war dem Angeklagten klar, dass in dem KZ Menschen systematisch und industriell getötet wurden. Er habe sich in den Betrieb des Lager "unterstützend eingefügt". Hubert Z. wurde bereits Ende der Vierzigerjahre von einem polnischen Gericht zu vier Jahren Haft verurteilt, die er auch verbüßte. Gegenstand des Verfahrens war nach Angaben der Verteidigung jedoch eine frühere Einsatzzeit in Auschwitz-Birkenau.
Selbstmordgefährdung attestiert
Bereits vor zwei Wochen war Hubert Z. nicht zum Prozessauftakt erschienen. Eine Amtsärztin bescheinigte im Nachhinein, was eine Bereitschaftsärztin diagnostiziert hatte. Neben Herz- und Kreislaufproblemen wurde ein Armbruch und eine Suizidgefährdung attestiert. An seiner Verhandlungsunfähigkeit änderte sich nach Angaben der offiziellen Ärzte seitdem nichts.
Staatsanwalt Thomas Bardenhagen zweifelte nach der Aussetzung des Verfahrens gleichwohl an den Diagnosen der Amtsärztin. Zum von der Verteidigung dargestellten Gesundheitszustand des Angeklagten sagte Bardenhagen: "Ich halte das für eine Inszenierung der Verteidigung."