Sterbehilfe Gericht entscheidet über Polizeiverfügung gegen Kusch

Die Hamburger Polizei hat Roger Kusch per Verfügung weitere Sterbehilfe verboten - aber war dieses Vorgehen rechtmäßig? Der frühere Justizsenator wehrt sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Auflage - und hält sich nach eigener Aussage nicht an sie.

Hamburg - Das Hamburger Verwaltungsgericht entscheidet voraussichtlich im Januar über eine Polizeiverfügung gegen den "Sterbehelfer" Roger Kusch. Mit einer mündlichen Verfügung hatte die Polizei dem früheren Hamburger Justizsenator im Zuge einer Razzia Ende November in seinem Büro und seinen Wohnungen jede weitere Sterbehilfe verboten, sagte Polizeisprecher Ralf Meyer am Montag.

Der Exsenator habe vor dem Verwaltungsgericht geklagt, sagte Meyer und bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Die Polizei müsse bis zum 9. Januar 2009 zu der Klage gegen die Verfügung Stellung nehmen, so dass wohl Ende des Monats darüber entschieden werde.

Kusch selbst erklärte, die mündliche Verfügung sei ihm am 27. November mitgeteilt worden - er habe aber einen Tag später in einem Hotelzimmer in Mühlheim an der Ruhr eine weitere Sterbebegleitung geleistet. Kusch sagte der Nachrichtenagentur AP, die von der Polizei ausgesprochene Verfügung sei nur für das Bundesland Hamburg gültig. "Das ist örtlich begrenzt", so Kusch. Aus diesem Grund und wegen Ungenauigkeiten in der Polizeiverfügung wehre er sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Auflage.

Grund für die Durchsuchung von Kuschs Wohnungen und seines Anwalts-Büros - zugleich Sitz seines Vereins "Dr. Roger Kusch - Sterbehilfe e.V." - im November waren Ermittlungen mehrerer Staatsanwaltschaften, unter anderem im Fall des Todes einer 84 Jahre alten Hamburger Rentnerin Ende September. Kusch hatte die Frau nach eigenen Angaben beim Selbstmord unterstützt. Rechtsmediziner wiesen bei der Rentnerin eine hohe Dosis eines verschreibungspflichtigen Malaria-Medikaments nach. Kusch steht nach Angaben der Hamburger Ermittler im Verdacht, das Medikament besorgt und damit gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen zu haben.

Laut Polizei wurden bei der Durchsuchungen bei Kusch auch Daten von lebensmüden Personen entdeckt und an die zuständigen Behörden weitergegeben. Nach Besuchen von Behördenvertretern hätten manche dieser Personen ihre Selbstmordpläne aufgegeben, sagte der Polizeisprecher.

Der umstrittene Jurist Kusch begleitete bisher nach eigenen Angaben fünf Menschen beim Selbstmord. Erstmals half er im Juni einer 79 alten Frau aus Würzburg dabei, sich selbst zu töten, und löste damit eine Welle der Empörung aus. Die Rentnerin nahm Kusch zufolge unter anderem ein Malaria-Medikament ein. Der Tod der Frau wurde nach ihrer Obduktion als Selbstmord ohne Fremdbeteiligung eingestuft.

Kusch war von 2001 bis 2006 Justizsenator in Hamburg. Bereits während seiner Amtszeit war der damalige CDU-Politiker umstritten.

Nach seinem Austritt aus der Union trat er bei der Bürgerschaftswahl 2008 erfolglos mit einer eigenen Partei an, die die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe forderte. Im September 2007 gründete er den "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e.V.", im März stellte er einen von ihm entwickelten Selbsttötungsautomaten vor.

Kusch verlangt bis zu 8.000 Euro für die Sterbebegleitung. Die Hamburger SPD-Fraktion warf dem Senat aus CDU und Grünen vor, zu spät und erst auf öffentlichen Druck gegen das Sterbehilfe-Engagement des ehemaligen CDU-Justizsenators vorzugehen.

han/dpa/AP
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