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Marwa-Prozess: Höchststrafe für Alex W.

Foto: Matthias Rietschel/ AP

Tödlicher Angriff auf Ägypterin Angeklagter im Marwa-Prozess gesteht

Überraschende Wende im Prozess um den Tod der Ägypterin Marwa al-Schirbini: Der Angeklagte Alex W. hat die Tat gestanden - nachdem er zuvor jegliche Zusammenarbeit mit dem Gericht verweigert und im Saal randaliert hatte.

Dresden - Der Angeklagte im Prozess um den Mord an der Ägypterin Marwa al-Schirbini hat das Verbrechen gestanden. Alex W. ließ am Mittwoch im Dresdner Landgericht eine entsprechende Erklärung von seinem Anwalt Veikko Bartel verlesen. "Heute kann ich es selbst nicht mehr verstehen, warum ich das Verbrechen begangen habe", zitierte Bartel seinen Mandanten.

"Es stimmt, dass ich eine ausländerfeindliche Gesinnung habe, aber das ist nicht das Motiv", ließ Alex W. erklären. Der 28 Jahre alte Russlanddeutsche nannte Stress durch das Beleidigungsverfahren gegen ihn und Furcht vor einer Gefängnisstrafe als Ursachen. Er habe sich "machtlos", "vom Staat schikaniert" und ungerecht behandelt gefühlt. Er habe den Eindruck gehabt, dass er bestraft werden solle, weil er etwas gegen Ausländer habe.

Alex W. gab an, er habe sich seit dem ersten Strafbefehl wegen Beleidigung der Ägypterin Marwa al-Schirbini als "Terroristin" und "Islamistin" in einem "komischen Zustand" befunden. Der Strafbefehl sei ein Schock für ihn gewesen, er habe dies als persönliche Bedrohung empfunden.

Er sei depressiv gewesen und habe sich in den Wochen vor der Berufungsverhandlung mit viel Alkohol betäubt. Die Tat sei nicht geplant gewesen, hieß es in der Erklärung, das Messer habe er schon mehrere Wochen im Rucksack gehabt. "Ich habe nicht geplant, es für einen Angriff auf die Zeugin oder ihren Mann zu benutzen."

Ein Geständnis ohne Reue

An Einzelheiten des Angriffs könne er sich nicht mehr erinnern, ließ der Angeklagte erklären, nur, "dass ich auf die Zeugin losging, dass ein Stuhl auf mich geworfen wurde und ich wieder auf die Zeugin losgegangen bin, die am Boden lag, und ihr Mann sich am Messer festhielt." Nach seiner Festnahme habe er "bedauert, dass es geschehen sei, dass ich mein Leben versaut habe und nicht selbst bei der Aktion erschossen wurde".

Vor Gericht indes fand Alex W. weder Worte der Entschuldigung noch der Reue. Der Vorsitzenden Richterin Birgit Wiegand bestätigte er lediglich mit einem deutlichen "Ja", dass die Erklärung gemeinsam mit ihm erstellt worden sei. "Korrekt" antwortete er auf die Frage, ob der Anwalt sie vorlesen dürfe.

Es waren die ersten Worte des arbeitslosen Spätaussiedlers seit Beginn des Prozesses am 26. Oktober. Während der Anwalt die Erklärung verlas, saß Alex W., wie meistens an den bisher sieben Verhandlungstagen, mit gesenktem, von der Kapuze seines Pullovers bedecktem Kopf regungslos auf der Anklagebank. Die Beantwortung von Fragen lehnte er mit einem lauten "Nein" ab.

Zuvor hatten ein Bekannter des Angeklagten und sein Deutschlehrer bei einem Weiterbildungskurs von ausländerfeindlichen Äußerungen des Russlanddeutschen, aggressivem Verhalten in Diskussionen um Deutschland und Ausländer sowie seinem Stolz berichtet, Deutscher zu sein. Das Hauptziel von Alex W. sei es gewesen, Deutsch zu lernen, gut integriert zu sein und eine Freundin zu finden, erzählte der Bekannte vor Gericht. Er habe sich abfällig über Ausländer, vor allem Muslime geäußert. Einmal habe er davon gesprochen, dass er sie umbringen würde, wenn er eine automatische Waffe hätte.

Alex W. muss sich wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Laut Anklage hat er in einer Berufungsverhandlung wegen Beleidigung am 1. Juli die schwangere Zeugin Marwa al-Schirbini aus Fremdenhass mit einem Messer getötet und ihren Mann lebensgefährlich verletzt. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.

han/dpa
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