

SPIEGEL ONLINE: Herr Ramin, was ist am 9. Oktober hier auf der Insel geschehen?
Ramin: Ich weiß es noch nicht. Aber ich hoffe, hier vor Ort eine Vorstellung davon zu kriegen, wie das alles abgelaufen sein könnte. Ist Stefan einfach von hinten erschlagen worden? Dann wäre es Mord. Ich gehe allerdings immer noch davon aus, dass es ein Unfall war, dass der Täter im Affekt gehandelt hat und mit der Situation überfordert war. Zumindest werde ich nun hoffentlich noch den Ort sehen können, an dem mein Sohn starb.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Sohn ist umgekommen, während er seinen Traum lebte. Schon seit 2008 war er mit seiner Lebensgefährtin auf der Segelreise um die Welt.
Ramin: Ja, und das schaffen die wenigsten in diesem jungen Alter. Stefan ist auf einem Segelboot getauft worden. Er liebte das Meer. Das Virus hat er von mir bekommen. Als er 16 Jahre alt war, habe ich ihm sein erstes eigenes Schiff geschenkt. Ich hatte es selbst gebaut. Das war eine gute Investition. Es hat ihm Selbstbewusstsein gegeben. Stefan hat noch nie eine verrückte Sache ausgelassen. Deshalb hatte ich so etwas auch schon lange befürchtet.
SPIEGEL ONLINE: In Deutschland titelte die "Bild"-Zeitung "Urlaubs-Horror auf der Kannibalen-Insel" und fragte: "Gibt es auf der Todesinsel wirklich immer noch Menschenfresser?"
Ramin: Das hat mich und meine Frau unheimlich getroffen. Das waren doch die reinsten Horrormeldungen. Wir hatten vorher schon im Internet geschaut, was vor Ort berichtet wurde. Wir fanden zwar den Begriff "Menschenfresser" - aber in einem anderen Zusammenhang. Vor über hundert Jahren ist hier so etwas offenbar passiert. Aber das ist doch schon ewig her.
SPIEGEL ONLINE: Schon kurz nach der Tat schickten Sie eine E-Mail an die Veranstalter eines örtlichen Kulturfestivals. Warum?
Ramin: Ich befürchtete, dass die das Fest absagen. Ich habe darum gebeten, das nicht zu tun. Ich wollte, dass nicht Tausende Leute darunter leiden, dass da so ein Idiot aus dem Ruder gelaufen ist. Diese Leute versuchen, ihre Kultur zurückzugewinnen. Sie kommen von allen Inseln der Gegend zusammen, um alle vier Jahre so ein Festival aufzuziehen. Das Komische ist, dass meine Frau und ich eigentlich in diesem Jahr sogar an dem Festival teilnehmen wollten. Wir hatten schon versucht, eine Passage auf einem Schiff zu buchen, um Stefan hier zu treffen.
SPIEGEL ONLINE: Was erhoffen Sie sich von Ihrem Besuch auf Nuku Hiva?
Ramin: Die Behörden haben das Schiff von Stefan freigegeben. Wir wollen es nach Papeete auf Tahiti überführen und es dort in gute Hände weitergeben. Außerdem ist mir daran gelegen, dass eine Gedenkstätte hier im Dorf, am Strand oder am Ort des Geschehens errichtet wird - damit Freunde von Stefan und wir als Familie wissen, wo wir Stefan besuchen können.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Inselparadies Nuku Hiva: Hier starb der Deutsche Stefan Ramin unter mysteriösen Umständen.
Der Vater des verstorbenen Weltumseglers: Erwin Ramin ist an den Tatort gereist, um "eine Vorstelllung davon zu kriegen, wie das alles abgelaufen sein könnte". Am Strand oder im Dorf will er nun eine Gedenkstätte für seinen Sohn errichten.
Boot Baju: Auf diesem Segelschiff reiste Stefan Ramin über drei Jahre mit seiner Lebensgefährtin Heike D. um die Welt. Nun will der Vater das Boot nach Papeete auf Tahiti überführen und "es dort in gute Hände weitergeben".
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden