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Tunnelraub in Berlin: Das perfekte Verbrechen

Foto: Berliner Volksbank

Spektakulärer Bankeinbruch in Berlin Tunnelraub-Opfer sind wütend auf die Volksbank

Sie gruben einen 45 Meter langen Tunnel in den Tresor einer Volksbank in Berlin und raubten Millionenwerte: Bis heute sind die Täter des aufsehenerregenden Bankraubs vor einem Jahr unbekannt. Heute demonstrierten Geschädigte. Sie kämpfen um Entschädigung von der Bank.

Berlin - Dutzende Gold- und Silbermünzen, Goldbarren und Schmuck, alles weg. Roland Sieben sagt, das Edelmetall habe einen geschätzten Wert im sechsstelligen Bereich. "Das war Teil meiner Altersvorsorge", erzählt der Antikhändler.

Am Dienstag versammelten sich rund 50 Menschen vor der Volksbank in Berlin-Steglitz. Menschen, die wie Roland Sieben sauer sind auf die Bank und enttäuscht von den Ermittlern. Sie sind die Geschädigten eines Bankraubs, der inzwischen wie das perfekte Verbrechen erscheint: der Tunnelraub von Steglitz.

Über Monate hatten Bankräuber einen rund 45 Meter langen Tunnel von einer eigens angemieteten Garage in den Tresorraum der Volksbank in dem bürgerlichen Berliner Stadtteil gegraben. Mit einem Kernbohrer brachen sie durch zwei schwere Betonwände und raubten aus knapp 300 Schließfächern Gegenstände im Wert von rund zehn Millionen Euro. Dann legten sie Feuer und verwischten so einen Großteil ihrer Spuren.

Ein Jahr nach der Tat hat die Polizei weit über 700 Hinweise abgearbeitet, etwa 300 davon kamen, nachdem der Fall in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst..."  behandelt wurde. "Eine heiße Spur war leider nicht dabei", sagt Polizeisprecher Thomas Neuendorf. "Es wird schwer, die Täter noch zu fassen." Zwischenzeitlich arbeiteten bis zu 20 Mitglieder einer Sonderkommission an dem Fall. Mittlerweile befassen sich noch drei Ermittler ausschließlich mit dem spektakulären Bankeinbruch.

Ein Ergebnis der Ermittlungen: Zur Sicherung der Tunnelverschalung hatten die Täter rund tausend Holzwinkel genutzt, die bei einer Firma in Polen gekauft wurden. Eine Phantomzeichnung des Käufers brachte jedoch keine weiteren Hinweise. Hoffnung setzen die Ermittler noch in DNA-Spuren und Fingerabdrücke, die gesichert werden konnten. Die Spuren seien international abgeglichen worden, sagt Neuendorf. Einen Treffer gab es bislang nicht. Sollten die Täter jedoch künftig erkennungsdienstlich in Erscheinung treten, könnten sie doch noch überführt werden.

Proteste der Einbruchsopfer

Die Menschen, die sich nun vor der Bank versammelten, fordern eine lückenlose Aufklärung des Überfalls und eine Entschädigung von der Bank, die sie zu einer Einigung zwingen wollen. Dabei sind selbst Dinge, die die Räuber liegenließen, häufig noch nicht zurückgegeben worden. Mehr als 3000 Gegenstände lagen verstreut im Tresorraum, als der Raub entdeckt wurde. 1480 haben ihren ursprünglichen Besitzer immer noch nicht gefunden, komplette Münzalben oder Geldscheine, aber auch geschmolzene Ohrringe oder einzelne Perlen.

Bisher lasse die Bank die Kunden noch nicht einmal zu den Wertsachen, beschwert sich Sieben. Das bestreitet die Bank. "Viele Gegenstände sind nicht zuzuordnen. Oder sie sind einfach nicht mehr da", sagt Nancy Mönch, Sprecherin der Berliner Volksbank. Ein weiteres Problem: Nur ein Teil der Kunden, laut Bank etwas mehr als 20 Prozent, hatte sich mit einer Schließfachversicherung abgesichert. Knapp 60 Personen hätten so Entschädigungen in Gesamthöhe von 1,7 Millionen Euro erhalten, berichtet die "Tageszeitung".

Ein Jahr erfolglose Fahndung zerrt an der Geduld der Raubopfer. Einige haben den Anwalt Michael Plassmann eingeschaltet. Der wirft der Bank und ihrem Sicherheitsdienst Versagen vor. "Warum war es möglich, mit einem Kernbohrer in den Tresorraum einzudringen, ohne dass der Alarm ausgelöst wurde?", fragt Plassmann. Offenbar seien Teile des Raumes nicht geschützt gewesen.

"Das war ein absoluter Extremfall"

Zwar lösten die Täter offenbar bereits zwei Tage vor Entdeckung der Tat einen Alarm im Tresorraum aus. Diesen habe der Wachdienst jedoch ignoriert und den Alarm einfach wieder scharfgestellt, sagt Plassmann. In der Folge blieb den Räubern offenbar genug Zeit, um die Schließfächer zu plündern.

Tatsächlich habe ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes gegen geltende Bestimmungen verstoßen, sagt Polizeisprecher Neuendorf. Der Wachmann hätte wohl einen Verantwortlichen der Bank alarmieren und den Tresorraum überprüfen müssen. Die Bank arbeitet noch immer mit der Sicherheitsfirma zusammen.

Falls der Berliner Volksbank Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann, müsste sie für die Schäden aufkommen. Die Bank will sich wegen der noch laufenden Ermittlungen nicht zu den Vorwürfen äußern.

Im Unrecht sieht sich die Bank aber offenbar nicht. Ein Sachverständiger ihrer Versicherung habe attestiert, dass alle vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten wurden, sagt Banksprecherin Mönch. "Die sind durch 80 Zentimeter dicke Betonwände gebrochen. Das war ein absoluter Extremfall."

Derzeit überlegt die Bank, wie sie die Beraubten mit den noch verbliebenen Fundsachen wenigstens zum Teil entschädigen kann. Das reicht denen aber nicht: Bislang bemüht sich Anwalt Plassmann noch um eine freiwillige Entschädigung für seine Mandanten. "Falls das nicht möglich ist, sehe ich einem möglichen Verfahren aber optimistisch entgegen."

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