Turin Aufgebrachter Mob setzt Roma-Lager in Brand

Sie zogen mit Knüppeln, Steinen und Brandsätzen los: Im italienischen Turin hat es einen rassistischen Übergriff auf ein Roma-Lager gegeben. Ein junges Mädchen hatte behauptet, vergewaltigt worden zu sein - und dabei gelogen, wie sich später herausstellte.
Turin: Brandruinen im Roma-Lager

Turin: Brandruinen im Roma-Lager

Foto: Tonino Di Marco/ dpa

Turin - Die erfundene Vergewaltigungsgeschichte einer 16-Jährigen hat in Turin zum Überfall auf ein Roma-Lager geführt. Eine aufgebrachte Menschenmenge zog zunächst in einem friedlichen Protestmarsch vor das Lager der Roma-Minderheit in der norditalienischen Stadt. Doch italienischen Reportern zufolge kippte die Stimmung. Die Demonstranten griffen das Lager an und setzten es in Brand. Rund hundert mit Knüppeln, Steinen und Brandsätzen bewaffnete Menschen attackierten das Gelände und zündeten dort Autos und Hütten an. Den Berichten zufolge wurde aber niemand verletzt.

Das Mädchen hatte seinen Eltern erzählt, auf dem Nachhauseweg von "zwei Zigeunern" vergewaltigt worden zu sein. Bei der Polizei gab sie später zu, dass sie gelogen hatte. Sie habe freiwillig Geschlechtsverkehr gehabt und sei nicht vergewaltigt worden. Gegenüber ihrer Familie hatte sie die Vergewaltigungsgeschichte erfunden, um zu erklären, warum sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte. Denn die Familie schickte die junge Italienerin regelmäßig zu Kontrollen beim Frauenarzt.

Nach Bekanntwerden der Lüge beendete die Polizei die Gewalt gegen das Roma-Lager und nahm zwei Männer im Alter von 20 und 59 Jahren fest. Turins Bürgermeister Piero Fassino sagte, Lynchjustiz gegen unschuldige Menschen, nur weil sie Ausländer seien, sei nicht hinnehmbar.

In Italien leben Schätzungen zufolge rund eine halbe Million Sinti und Roma. Meist leben sie in illegalen Lagern an den Stadträndern. Allein in der Hauptstadt Rom sollen es nach offiziellen Angaben rund 10.000 sein. Übergriffe auf solche Lager sind bereits mehrfach vorgekommen.

ler/AFP

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