Bericht zu US-Turnverband Hunderte Athleten meldeten sexuellen Missbrauch

Neun Monate hat der "Indianapolis Star" zum US-Turnverband recherchiert. Nun berichtet er über mindestens 368 Fälle sexuellen Missbrauchs von Trainern und anderen Verantwortlichen an jungen Athleten.

Schon im vergangenen August hatte die US-Zeitung "Indianapolis Star" mit einem Artikel über sexuellen Missbrauch in der amerikanischen Turnszene für Aufsehen gesorgt. "Aber niemand wusste, wie weit verbreitet das Problem ist. Bis jetzt" - so heißt es in einem aktuellen Bericht der Zeitung vom Donnerstag .

Demnach haben in den vergangenen 20 Jahren insgesamt mindestens 368 junge Athleten sexuellen Missbrauch durch ihre Trainer, die Inhaber von Sportzentren oder andere Verantwortliche in den Stätten gemeldet.

Journalisten der Zeitung und des Senders USA Today haben für ihre neunmonatige Recherche eigenen Angaben zufolge mit mehr als hundert Menschen gesprochen, darunter mit Athleten, Trainern, Polizisten und Staatsanwälten. Sie werteten zudem Tausende Seiten öffentlich zugänglicher Akten und Nachrichtenartikel der vergangenen zwei Jahrzehnte aus.

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Nun berichtet die Zeitung beispielsweise von einer Zwölfjährigen, die von einem Olympia-Trainer während sogenannter Therapiesitzungen belästigt worden sei; von einem Trainer in einem der prestigeträchtigsten Trainingszentren des Landes, der fast täglich Sex mit einer 14-Jährigen gehabt habe; von Trainern, die Nacktfotos von ihren sechsjährigen Schützlinge gemacht hätten.

Der Turnverband selbst teilte zu den Anschuldigungen mit: "Nichts ist für USA Gymnastics wichtiger als der Schutz der Athleten, welcher die nachhaltige Wachsamkeit von jedem erfordert - von Trainern, Athleten, Eltern, Betreuern und Offiziellen." Auf Interview-Anfragen der Zeitung hätten die Verantwortlichen des Verbandes nicht reagiert.

In dem Artikel wird auch den Umgang des Verbandes mit den mutmaßlichen Tätern kritisiert. So sei es beispielsweise möglich gewesen, dass ein Trainer aus sechs Sportstätten in vier Bundesstaaten entlassen wurde. Die Kündigungsgründe seien nicht zentral erfasst worden, deshalb habe der Mann immer wieder eine Anstellung als Trainer gefunden.

"Es ist einfach zu leicht für Trainer, immer und immer wieder eingestellt zu werden", sagte Nancy Hogshead-Makar der Zeitung. Sie ist Vorsitzende der Gruppe Champion Women und ehemalige Olympia-Schwimmerin. Sexueller Missbrauch könne auch deshalb weiterbestehen, "weil Menschen sich schämen, über das Thema zu sprechen".

aar/sid
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