Umweltsünden Deutscher Schrott für Afrika

Die Deutsche Umwelthilfe hat brisantes Videomaterial veröffentlicht. Es zeigt Berge von Elektro-Abfall im Hamburger Hafen - deklariert als Handelsware, doch offensichtlich defekt. Die Umweltschützer vermuten illegalen Müllexport.
Von Martin Heller

Berlin - Es sieht aus wie auf einem Schrottplatz. Am Hamburger Hafen stehen Hunderte Autos, die Scheiben zum Teil eingeschlagen, in VW-Bussen stapeln sich Kühlgeräte. Und als die Experten der Deutschen Umwelthilfe gemeinsam mit der Polizei einen Container öffnen, fällt ihnen ein Computermonitor entgegen. Unzählige weitere Bildschirme lagern ungeschützt und unverpackt in dem Stahlbehälter, die Datenkabel sind größtenteils abgeschnitten.

Die Umweltorganisation hat heute brisantes Videomaterial veröffentlicht, das die beunruhigenden Zustände im Hamburger Hafen zeigt. Die Bilder legten nahe, dass "in großem Stil gefährlicher Schrott fälschlicherweise als Handelsware deklariert aus Deutschland in arme Länder entsorgt wird", sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, SPIEGEL ONLINE. "Nicht weit von der Umweltbehörde entfernt breitet sich am Hamburger Hafen ein Biotop der besonderen Art aus", so Resch. Die in den neunziger Jahren durch internationale Abkommen nahezu eingedämmte illegale Müllentsorgung in Entwicklungsländer erlebe jetzt eine Renaissance.

Hinter scheinbar funktionstüchtigen Computerschirmen würden in den Containern kaputte Geräte versteckt, berichtete die Umwelthilfe unter Bezug auf Hinweise der Exporteure an ihre Kunden. Deklariert sind die in dem Videomaterial gezeigten Altgeräte als gebrauchte Handelsware. Doch die Ware ist offensichtlich nicht funktionsfähig. Höchstens Einzelteile können beim Ausschlachten gewonnen werden. Die Umweltschützer gehen davon aus, dass die Reste in den Empfängerländern einfach verbrannt werden. Dabei entstehen gefährliche Gifte.

Nach dem seit 2006 geltenden Elektroschrottgesetz böten Exporteure, die wiederum ihrerseits die defekten Geräte zur Ausschlachtung in Entwicklungsländer verkauften, den Hersteller-Firmen beispielsweise für einen ausrangierten Computerbildschirm bis zu einem Euro. Für eine seriöse Entsorgung müssten die Produzenten hingegen rund vier Euro je Schirm bezahlen. Deshalb sei die illegale Entsorgung für die Unternehmen lukrativ. Gesetzestreue Firmen indes hätten das Nachsehen.

"Am Ende wird das Elektroschrottgesetz diskreditiert, statt ökologischen Fortschritt produzieren wir Rückschritt", mahnte Abfallexpertin Eva Leonhardt. Die Behörden müssten einschreiten. Die Deutsche Umwelthilfe rief die Bundesregierung auf, die Exporte zu stoppen. "Sonst bekommt der Jubelruf 'Deutschland ist Exportweltmeister' bald einen ganz neuen unappetitlichen Klang", so Resch.

mit Material von AP

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