
US-Polizei: Bewaffnet bis an die Zähne
Milliarden-Anschaffungen US-Polizei nutzt beschlagnahmtes Geld für Aufrüstung
Washington - Douglasville im US-Bundesstaat Gegorgia genießt einen Ruf als friedliche Gemeinde. Die meisten der knapp 32.000 Einwohner haben ein überdurchschnittliches Einkommen. Wirklichen Ärger gibt es vergleichsweise selten. Trotzdem hielt es die Polizei für nötig, für das eigene Swat-Team - das ist ein schwerbewaffnetes Spezialeinsatzkommando der Polizei - einen gepanzerten Transporter anzuschaffen - für 227.000 Dollar.
Den Kaufpreis bezahlte Sheriff Phil D. Miller nach einem Bericht der "Washington Post" mit Geld, das durch Verbrechen erworben wurde. Solches Geld kann der Staat nämlich einziehen, selbst dann schon, wenn nur der Verdacht aufkommt, das Geld könnte durch eine kriminelle Handlung erworben worden sein. Die gesetzliche Handhabe ist das sogenannte Federal Civil Forfeiture Law, das der Polizei weitreichende Vollmachten einräumt.
Die Folgen dieses Gesetzes beschreibt die "Washington Post" in einer kleinen Serie, von der eine Folge in der aktuellen Ausgabe abgedruckt ist. Mehr als 2,5 Milliarden Dollar hätten die verschiedenen Polizeieinheiten in den Bundesstaaten seit 2008 für eigene Belange ausgegeben, heißt es dort. Das Geld sei zuvor konfisziert worden, obwohl es in 81 Prozent der Fälle gar nicht zur Anklage kam.
Rechtsstaatliche Zweifel
Das Geld nutzte die Polizei anscheinend, um kräftig aufzurüsten: Gepanzerte Autos und automatische Waffen stehen ebenso in der Liste der Anschaffungen, wie Nachtsichtgeräte und Präzisionsgewehre. Auch moderne Computer, Erfassungssysteme für Nummernschilder und Einrichtungen, um etwa Handys und ihre Nutzer zu orten. Häufig wurde der Fonds aber auch angezapft, wenn es um Benzinrechnungen ging, oder eine neue Kaffeemaschine fürs Büro.
Zu den bemerkenswerten Einzelposten zählen neben dem Swat-Panzer für Douglasville ein fünf Millionen Dollar teurer Hubschrauber für die Polizei von Los Angeles und eine mobile Kommandozentrale für St. George. In der Liste taucht auch ein Posten für ein Bankett zu Ehren des Sheriffs in Dona Ana (New Mexico) auf.
Mit den hiesigen Vorstellungen rechtsstaatlichen Vorgehens ist die beschriebene Praxis kaum übereinzubringen. Aber auch in den USA wächst das Unbehagen. Zu den schärfsten Kritikern gehört Brad Cates, der zwischen 1985 und 1989 im US-Justizministerium die Abteilung für den Einzug von Vermögenswerten geleitet hat. "Das Gesetz sollte dazu dienen, kriminelle Organisationen wirksamer bekämpfen zu können", erklärt er in der "Washington Post". Doch daraus habe sich eine gigantische schwarze Kasse entwickelt, aus der sich die einzelnen Einheiten nach Gusto bedienten.
Beschlagnahme ist in Mode
Regelrechten Aufschwung hat das "Inkassowesen" nach den Recherchen der "WP" in den Jahren nach dem Attentat auf das World Trade Center in New York entwickelt. Seitdem habe sich die Zahl der Fälle, in denen Polizisten bei Straßenkontrollen größere Beträge einfach beschlagnahmten, drastisch erhöht. Die Besitzer des Geldes mussten anschließend Belege dafür liefern, dass sie das Geld rechtmäßig erworben hatten. Andernfalls blieb es in der Obhut des Staates. Eine Umkehrung der Beweislast, die im amerikanischen Recht nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt ist.
"In Zeiten angespannter Haushaltslage dient das Geld dazu, die Polizei mit modernem Equipment auszustatten, um mit den hochmodern ausgerüsteten Kriminellen mitzuhalten und so die Bürger zu schützen", rechtfertigt Justizsprecher Peter Carr diese Praxis. Insgesamt haben laut "Post" rund 5400 Einheiten von dem Programm profitiert.
Die Summe des eingezogenen Geldes lässt sich in der Rückschau nur ungefähr anhand der Ausgaben hochrechnen. Denn die Polizeistationen müssen regelmäßig 20 Prozent und mehr an die übergeordneten Behörden abführen, die die Einziehung im Einzelfall genehmigen. Dazu gehören unter anderem die nationale Drogen- und die Einwanderungsbehörde.