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Niederlande Drei Tote in Utrecht - Ministerpräsident spricht von Anschlag

In einer Straßenbahn in Utrecht sind Schüsse gefallen. Dabei kamen drei Menschen ums Leben, fünf wurden verletzt. Regierungschef Rutte geht von einem Anschlag aus. Die Polizei zieht aber auch eine Beziehungstat in Betracht.

Bei dem Angriff auf eine Straßenbahn in Utrecht sind drei Menschen ums Leben gekommen. Fünf Menschen seien verletzt worden, teilte die Polizei mit. Zuvor war von neun Verletzten die Rede gewesen.

Die Schüsse waren am Morgen gegen 10.45 Uhr im Westen der Stadt gefallen, etwa einen Kilometer entfernt von der Altstadt. Über den genauen Tathergang ist bislang wenig bekannt. So ist unklar, wie viele Menschen zum Zeitpunkt des Anschlags in der Bahn waren und ob alle Opfer in der Straßenbahn getroffen wurden.

Utrechts Bürgermeister Jan van Zanen wertete den Anschlag als Terrorakt. Man gehe von einem terroristischen Motiv aus. Auch der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte schloss in einer kurzen Pressekonferenz einen terroristischen Hintergrund nicht aus.

"Unser Land ist heute durch einen Anschlag aufgeschreckt worden", sagte Rutte. Gewalt habe unschuldige Menschen getroffen. "Ein Terrorakt ist ein Angriff auf unsere Zivilisation." Es werde alles versucht, um den oder die Täter zu fassen. "Wir werden nie vor Intoleranz weichen", sagte der Politiker.

Polizei schließt auch Familiendrama nicht aus

Die Polizei schließt neben einem terroristischen Motiv aber auch ein Familiendrama nicht aus. "Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist", sagte Polizeisprecher Bernard Jens dem niederländischen NOS Rundfunk.

Fotostrecke

Utrecht: Polizeiermittlungen nach Schüssen in Straßenbahn

Foto: AFP/ ANP

Unterdessen fahndet die Polizei nach einem 37 Jahre alten Mann. Der Verdächtige soll in der Türkei geboren sein, teilte die Polizei auf Twitter mit.

Sie veröffentlichte auch ein Foto des Mannes namens Gökmen T.. Das Foto des Verdächtigen wurde von einer Überwachungskamera aufgenommen. Zu sehen ist ein Mann in einer Straßenbahn, der eine blaue Jacke trägt. Wer den Gesuchten sehe, solle sich ihm nicht nähern, sondern die Polizei rufen.

Die Polizei und Antiterroreinheiten sind mit starken Kräften in der Umgebung unterwegs. Einsatzkräfte entdeckten ein nach dem Anschlag gesuchtes rotes Fahrzeug. Zuvor hatte es geheißen, es würden Berichte geprüft, wonach ein Verdächtiger mit einem roten Auto geflohen sein soll.

Aus einer Wohnung sicherte die Polizei Beweismaterial. Bei einem weiteren Einsatz in einem anderen Wohngebäude auf der anderen Seite des Tatorts seien angeblich zwei Menschen festgenommen worden, berichtete ein Reporter eines TV-Senders. Die Polizei sperrte eine Straße ab.

Mitglieder einer Antiterroreinheit drangen nach Berichten niederländischer Reporter in eine Wohnung ein. Schüsse seien nicht zu hören gewesen. "Was wir auf jeden Fall wissen, ist, dass ein Täter auf der Flucht ist", sagte Pieter-Jaap Aalbersberg, der nationale Koordinator für Terrorismusbekämpfung.

Gökmen T. ist einem Medienbericht zufolge polizeibekannt. Er hat ein langes Vorstrafenregister, im Dezember 2013 wurde er wegen versuchten Mords verurteilt, erst vor zwei Wochen begann eine Verhandlung wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs. Darüber hinaus wurde er wegen Ladendiebstahls, Sachbeschädigung und Beleidigung vor Gericht gestellt. Einen Medienbericht, wonach der 37-Jährige in Tschetschenien gekämpft habe, wurde bisher nicht bestätigt.

Polizei gibt Entwarnung

Inzwischen gab die Polizei eine erste Entwarnung. Die Menschen, die zuvor aufgerufen waren, zu Hause zu bleiben, könnten wieder auf die Straße gehen, teilte die Polizei. Zuvor hatten die Einsatzkräfte die Menschen in der Stadt gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen.

Die Polizei hatte parallel die die Sicherheitsvorkehrungen an Flughäfen, Moscheen und anderen kritischen Einrichtungen erhöht. Im niederländischen Regierungszentrum, dem Binnenhof in Den Haag mit dem Parlament und dem Amtssitz des Ministerpräsidenten, wurde die Polizeipräsenz verstärkt.

Utrecht liegt etwa 75 Kilometer entfernt von der deutschen Grenze und hat etwa 350. 000 Einwohner. Die Bundespolizei erklärte in Kleve, alle verfügbaren Beamten seien im Einsatz, außerdem verstärkten Beamte der Landespolizei Nordrhein-Westfalen. Schwerpunkt sei die Autobahn 3. Aber auch an anderen Autobahnen, an Bundesstraßen und an kleinen Grenzübergängen ständen Beamte.

sen/dpa/AFP/Reuters
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