Verschwundene Studenten in Mexiko Demonstranten zünden Parlament an

Verschwundene Studenten in Mexiko: Demonstranten zünden Parlament an
Foto: JORGE DAN LOPEZ/ REUTERSChilpancingo - Bei Angehörigen und Kommilitonen der 43 in Mexiko verschwundenen Studenten wachsen das Misstrauen gegen die Behörden und die Wut auf den Staat. Nach dem mutmaßlichen Massenmord haben etwa 500 Demonstranten das Regionalparlament des Bundesstaats Guerrero im Südwesten des Landes gestürmt.
Sie legten Feuer im Plenarsaal, randalierten in der Bibliothek und setzten mehrere Fahrzeuge in Brand. Zuvor waren aufgebrachte Lehrer in Büros des regionalen Bildungsministeriums eingedrungen. Vor dem Gebäude zündeten die Mitglieder der radikalen Gewerkschaft Ceteg Möbel und Dokumente an.
Am Dienstag hatten bereits etwa 2000 Studenten und Lehrer in Chilpancingo den Regionalsitz der Regierungspartei PRI in Brand gesteckt und Steine sowie Feuerwerkskörper auf die Polizei geschleudert.
Im Bundesstaat Veracruz griffen Demonstranten eine Gruppe von Sportlern an, die die Fackel der Zentralamerikanischen Spiele zum Austragungsort bringen. Sie skandierten "Wir wollen keine Spiele, wir wollen Gerechtigkeit" und löschten die Fackel.

Proteste in Mexiko: Flammen im Plenarsaal
Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen die Behörden, die ihrer Meinung nach zu wenig für die Aufklärung des Verbrechens in der Stadt Iguala tun. Korrupte Polizisten hatten dort Ende September 43 Lehramtsstudenten verschleppt und der kriminellen Organisation "Guerreros Unidos" übergeben. Inhaftierte Bandenmitglieder gestanden mittlerweile, die Studenten getötet und verbrannt zu haben.
Untersuchung von Knochen in Österreich
Drahtzieher der Tat soll das Bürgermeisterehepaar von Iguala sein. Die Ermittler vermuten, dass der Bürgermeister der Stadt, José Luis Abarca, das Vorgehen gegen die Studenten angeordnet hatte, um zu verhindern, dass sie eine geplante Rede seiner Frau stören. Das Paar unterhielt offenbar enge Verbindungen zur Drogenmafia. Nach mehrwöchiger Flucht wurde es am Dienstag vergangener Woche in Mexiko-Stadt gefasst.
Die Ermittler sehen kaum Chancen, die bislang gefundenen und verkohlten Leichenreste zu identifizieren. Nur zwei Knochen könnten möglicherweise DNA-Proben der vermissten Studenten zugeordnet werden, sagte Generalstaatsanwalt Murillo Karam. Gewissheit soll nun eine Untersuchung der am Tatort entdeckten Knochen in Österreich bringen. Die menschlichen Überreste wurden ins forensische Institut der Universität Innsbruck geschickt. Mit einer DNA-Analyse wollen die Wissenschaftler klären, ob die Knochenfragmente von den verschleppten Studenten stammen.
Die Angehörigen der Opfer akzeptieren die bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht, nach denen die jungen Leute aller Wahrscheinlichkeit nach getötet wurden. Sie gehen davon aus, dass die Studenten noch am Leben sind. Am Mittwoch schaltete sich die Interamerikanische Menschenrechtskommission in die Untersuchungen ein. Sie soll technische Unterstützung leisten und die Transparenz der Ermittlungen garantieren.
Seit der Mitteilung über das Geständnis der "Guerreros Unidos", die Leichen der Studenten verbrannt zu haben, eskalierten landesweit gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Bei einem Protestmarsch gegen die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto in Chilpancingo wurden am Dienstag mindestens drei Polizisten und zwei Reporter verletzt. Zudem wurden in den vergangenen Tagen mehrfach öffentliche Gebäude attackiert.