Waffenfans im Darknet nach Festnahme "Löscht ALLES!"

Darknet (Symbolbild)
Foto: Silas Stein/ dpa"Löscht ALLES!" forderte ein Mitglied des Darknet-Forums "Deutschland im Deep Web" (DIDW). "Sorgt dafür, dass man in eurer Bude NICHTS findet!"
Appelle wie diese zeigen: Die Festnahme des 31-jährigen Waffenhändlers Philipp K. hat die illegale Waffenszene verunsichert. Der SPIEGEL konnte die geschlossenen Bereiche des DIDW-Forums in den vergangenen Wochen einsehen, stieß so unter anderem auf den Lösch-Aufruf. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
In dem Forum waren auch der Münchner Amokläufer David Sonboly und sein mutmaßlicher Waffenlieferant Philipp K. aktiv.
Am Dienstag hatten Spezialkräfte des Zollkriminalamts K. in Marburg bei einem fingierten Waffengeschäft festgenommen. Verdeckte Ermittler hatten zuvor im Darknet Kontakt zu ihm aufgenommen und sich als Waffeninteressenten ausgegeben. K. bestritt nach Erkenntnissen der Ermittler seinen Lebensunterhalt im Wesentlichen mit dem Verkauf illegaler Waffen und Munition.
Und K. war es wohl auch, der Sonboly die Glock-Pistole verkaufte, mit der der Amokläufer neun Menschen und sich selbst erschoss. Sonboly soll K. für die Pistole und Munition insgesamt 4350 Euro gezahlt haben.
K. und Sonboly waren zuvor im Darknet in Kontakt gekommen. Die SPIEGEL-Recherchen im geschlossenen Bereiche des DIDW-Forums zeigen, wie überraschend freimütig die anonymen Waffenfans kommunizieren. "Gesucht wird eine möglichst handliche Waffe (Kurzwaffe) mit zwei Magazinen und ausreichend Munition", heißt es in einem Beitrag. Ein anderer Nutzer schreibt: "Falls dein zukünftiger Kunde Munition benötigt, hab grad was da."
Gleichzeitig ist im DIDW-Forum die Angst vor verdeckten Ermittlern gewachsen. Diese werden von den Forumsteilnehmern mit dem Codenamen "Uwe" bezeichnet.
Forumsmitglieder wollen den festgenommenen Waffenhändler Philipp K. inzwischen unter dem Pseudonym "Rico" identifiziert haben. "Rico" beschrieb in Forumsbeiträgen, wie er Waffen illegal in der Schweiz, Tschechien und der Slowakei erworben habe. Schießübungen habe er nachts in der Nähe einer Autobahn bei Köln durchgeführt. Statt Waffen anonym per Post zu verschicken, setzte "Rico" auf persönliche Übergaben ("Real Life Treffs"). Ob "Rico" das Pseudonym des festgenommenen Philipp K. war, wollte die Frankfurter Generalstaatsanwalt aus ermittlungstaktischen Gründen nicht kommentieren.