Prozess um Lübcke-Mord Anwalt des Angeklagten abberufen

Stephan Ernst zwischen seinen Verteidigern Mustafa Kaplan (links) und Frank Hannig
Foto: Jan Huebner/ imago images/Jan HuebnerEiner der beiden Verteidiger des Hauptangeklagten Stephan Ernst ist im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke entpflichtet worden. Der Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt stimmte einem Antrag auf Abberufung Frank Hannigs zu, wie der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel am siebten Verhandlungstag sagte. Das Vertrauensverhältnis zwischen Ernst und seinem Anwalt sei zerstört.
Am Montag hatte Ernsts zweiter Anwalt Mustafa Kaplan dessen Entpflichtung beantragt, dem Ernst auf Nachfrage Sagebiels zustimmte. Ernst entzog Hannig so das Vertrauen.
Richter: Anwalt stellte "weitreichende Mutmaßungen" an
Hannig habe in der Verhandlung am Montag Anträge gestellt, die den Interessen seines Mandanten widersprächen, sagte Sagebiel zur Begründung. Mit einem dieser Anträge habe Hannig andeuten wollen, dass Lübcke und seine Söhne in "krumme Geschäfte verwickelt" seien.
Zudem habe der Anwalt "weitreichende Mutmaßungen" über eine Beteiligung Dritter an der Tat gestellt, sagte Sagebiel. Hannig verließ den Gerichtssaal unmittelbar nach Verkündung des Beschlusses.
Hannig hatte vor rund einem Jahr die Verteidigung Ernsts übernommen. Er soll nun durch einen neuen Pflichtverteidger ersetzt werden. Kaplan war vor rund sieben Monaten als Verteidiger in das Verfahren eingestiegen.
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. Der Angeklagte soll den CDU-Politiker aus rechtsextremen Motiven getötet haben.
Neben Ernst ist Markus H. als mutmaßlicher Komplize angeklagt, seit Mitte Juni läuft gegen beide die mündliche Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt.