Lübeck Skandal beim "Weißen Ring" - Spitzenbeamte unter Druck

Haben Spitzenbeamte aus Schleswig-Holstein wichtige Informationen zu den Übergriffen auf Frauen beim "Weißen Ring" bewusst unterschlagen? Recherchen des SPIEGEL legen diesen Verdacht nahe.

In der Affäre um mutmaßliche Übergriffe auf Frauen beim Weißen Ring in Lübeck prüft das Innenministerium Schleswig-Holstein, ob hohe Landesbeamte versagt haben.

Auslöser ist eine E-Mail vom 20. Juli 2017, die der Lübecker Polizeichef Norbert Trabs ins Ministerium geschickt hatte. Wie sich nach Recherchen von SPIEGEL und "Lübecker Nachrichten" herausstellt, ging sie an zwei Spitzenbeamte, die mittlerweile aus anderen Gründen nicht mehr in ihren Ämtern sind, sowie an eine heute noch aktive Abteilungsleiterin. Keiner von ihnen informierte die Hausspitze. (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

Deshalb wurden alle drei aufgefordert, dienstliche Stellungnahmen abzugeben.

Die Mail des Polizeichefs bezog sich auf einen Belästigungsversuch von Detlef Hardt, Chef des Weißen Rings in Lübeck. Darin hieß es: "Da es sich um den Vorsitzenden des Weißen Rings Lübeck handelt, der sehr gut vernetzt ist, könnte die Angelegenheit Wellen schlagen." Der damalige Landesvorsitzende des Weißen Rings, Ex-Justizminister Uwe Döring, überlege, "wie man die Situation geräuschlos bearbeiten kann". Das, meldete Trabs ins Ministerium, sei aber "nicht die Angelegenheit der Polizei". Trotz dieser Mail blieb Ex-Polizist Hardt noch bis November im Amt.

Auch Hardts Anwalt Oliver Dedow sorgt beim Weißen Ring für Empörung. Dedow war bisher einer von acht Juristen, die der Verein Hilfe suchenden Opfern in Lübeck empfohlen hat. Der Weiße Ring hat ihn nun von der Liste gestrichen. Dedow verteidigt nicht nur den mutmaßlichen Täter, er hat kürzlich für Hardt auch Anzeige gegen unbekannt gestellt - wegen Verleumdung. Die Anzeige zielt auf Frauen, die Hardt belasten. Betroffen sein könnten also auch mutmaßliche Opfer, die Dedow früher beraten hat. Der Anwalt sieht in seinem Mandat keinen Interessenkonflikt.

Mehr lesen über

Verwandte Artikel

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren