Urteil Ordensschwester muss wegen Gewährung von Kirchenasyl 500 Euro zahlen

Eine Ordensschwester gewährte geflüchteten Frauen Kirchenasyl – und wurde dafür angeklagt. Jetzt hat das Würzburger Amtsgericht die 38-Jährige verwarnt. Das Urteil bezieht sich aber nur auf einen der beiden Fälle.
Sie war wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt durch Gewährung von Kirchenasyl in zwei Fällen angeklagt

Sie war wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt durch Gewährung von Kirchenasyl in zwei Fällen angeklagt

Foto: Nicolas Armer / dpa

Sie wollte zwei geflüchtete Frauen vor Zwangsprostitution und Menschenhandel bewahren – dann kam der Strafbefehl. Weil Ordensschwester Juliana S. aus dem bayerischen Kloster Oberzell dagegen Einspruch einlegte, musste sie vor Gericht. Das Gericht verwarnte die 38 Jahre alte Franziskanerin wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt und ordnete eine Zahlung von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung an, wie ein Gerichtssprecher sagte. Sollte sie gegen eine zweijährige Bewährungszeit verstoßen, muss die Ordensschwester außerdem eine weitere Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 20 Euro zahlen. Das Urteil bezieht sich aber nur auf einen der beiden verhandelten Fälle. Der andere Fall wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen offener Fragen vorläufig eingestellt.

Die Schwestern in Oberzell hatten 2019 und 2020 jeweils einer Frau aus Nigeria Kirchenasyl gewährt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte die Zulassung der Asylverfahren für beide Frauen abgelehnt. Die Frauen hätten nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union aus Deutschland nach Italien ausreisen müssen, da sie dort erstmals die EU betreten hatten. Nach Darstellung der Frauen und Überzeugung der Ordensschwestern drohte ihnen dort aber Zwangsprostitution.

Die Franziskanerin war geständig, der Würzburger Bischof Franz Jung stellte sich ausdrücklich hinter ihr Handeln. »Es ist unsere Aufgabe, Menschen wieder ein Leben in Würde und nicht als ›Sexspielzeug‹ zu geben«, sagte Schwester Juliana, die die Menschenrechtsbeauftragte des Klosters ist. Sie habe nach bestem »Gewissen und Glauben« gehandelt. Der Richter des Amtsgerichts Würzburg sah es jedoch als erwiesen an, dass die Ordensfrau einer Nigerianerin Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt gewährt hat. Es sei offener Rechtsbruch gewesen, der nicht entschuldigt werden könne, sagte der Strafrichter.

Schwester Juliana ist nicht die einzige Ordensangehörige, die sich wegen Kirchenasyls vor Gericht verantworten muss: Im vergangenen Jahr wurden allein in Bayern nach Angaben des Landesjustizministeriums 27 Verfahren wegen der Gewährung von Kirchenasyl eingeleitet.

Az.: 7 Cs 892 Js 4950/20

kim/dpa/AFP
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