Streit über NSU-Prozess Türkische Zeitung plant Verfassungsbeschwerde

Der Streit über die Platzvergabe im Münchner NSU-Prozess wird vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden müssen. Unter Berufung auf die Pressefreiheit will die türkische Zeitung "Sabah" Verfassungsbeschwerde einlegen. "Wir werden klagen", sagte ihr stellvertretender Chefredakteur.
Zuschauerplätze im Münchner NSU-Gerichtssaal: Entscheidung fällt in Karlsruhe

Zuschauerplätze im Münchner NSU-Gerichtssaal: Entscheidung fällt in Karlsruhe

Foto: CHRISTOF STACHE/ AFP

München/Berlin - Seit Wochen schwelt der Streit über die Platzvergabe für Journalisten beim bevorstehenden NSU-Prozess in München. Bislang zeigte sich das Oberlandesgericht unnachgiebig - jetzt müssen offenbar die obersten Bundesrichter entscheiden: Die türkische Zeitung "Sabah" will per Eilantrag Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen. "Wir werden klagen", sagte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel der Deutschen Presse-Agentur dpa. Die Beschwerde sei aber noch nicht eingereicht.

Im ZDF verwies Erel auf das Grundgesetz und forderte gleiche Grundrechte: "Gerichtsverfahren müssen öffentlich sein, auch für türkischstämmige Mitbürger in Deutschland." Die Presse- und die Informationsfreiheit müssten auch für die türkischsprachigen Journalisten in Deutschland gelten. Auch die türkische Tageszeitung "Hürriyet" prüft eine Klage.

Vor dem Bundesverfassungsgericht ist bereits eine erste Beschwerde um die Einlassregelung für Zuschauer eingegangen. Nach einem Bericht des "Münchner Merkurs" vom Dienstag wehrt sich eine in Deutschland lebende Türkin dagegen, dass alle Zuschauer beim Betreten des Gerichtssaals ihren Ausweis kopieren lassen müssen.

"Vermutlich letzter gangbarer Weg"

Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) beginnt am 17. April vor dem Oberlandesgericht München. Das Gericht war vor allem in die Kritik geraten, weil es für türkische Medien keine festen Plätze im Gerichtssaal garantiert. Acht der zehn mutmaßlichen Opfer der Terrorzelle haben türkische Wurzeln.

Die Journalisten der Karlsruher Justizpressekonferenz (JPK) haben sich für eine Videoübertragung des NSU-Prozesses in einen Nachbarraum des Gerichts ausgesprochen. "Das ist nach unserer Auffassung der - vermutlich - letzte gangbare Weg, insbesondere den bisher nicht zum Zug gekommenen türkischen Medien den Zugang zu diesem historischen Prozess zumindest teilweise doch noch zu ermöglichen", heißt es in einem offenen Brief der JPK.

Die 50 festen Presseplätze waren strikt nach Eingang der Akkreditierung vergeben worden. Bislang hat das OLG eine Änderung an der Platzvergabe abgelehnt. Zuletzt hatte der CSU-Innenexperte Stephan Mayer zehn feste Plätze für ausländische Medien verlangt. Dafür solle das Oberlandesgericht München die Zuschauerplätze im Gerichtssaal entsprechend verringern, sagte Mayer der "Bild"-Zeitung.

Angekündigt hat sich für den Prozess auch der türkische Botschafter in Deutschland, Avni Karslioglu. Er sagte im ZDF-"Morgenmagazin": "Dass ich mit den Opferfamilien da sein werde und sie bei ihrem schweren Gang begleite, ist natürlich. Das ist meine Aufgabe und natürlich meine Pflicht, dort zu sein."

rls/dpa/AFP
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